Bachelor
Sozialmanagement in der Elementarpädagogik
berufsbegleitend
Im Rahmen der Campus Lectures regte Bildungsswissenschaftler und Buchautor Bernhard Koch eine Diskussion über mehr Demokratie und Partizipation im Kindergarten an. Interview vermittelt er eine Idee, was es dafür braucht und was möglich ist.
In einem demokratischen Kindergarten werden Kinder in die Gestaltung ihres Tages miteinbezogen. Sie können selbst Entscheidungen treffen – vorausgesetzt, dass sie sich nicht selbst oder andere gefährden. Themen können aber auch aus anderen Gründen nicht zur Diskussion stehen. Ein Beispiel ist die Tischkultur.
Demokratisch darf nicht als antiautoritär missverstanden werden. Kinder brauchen Strukturen, an denen sie sich orientieren können und immer wieder Unterstützung bei Entscheidungen. Gemeint ist, dass Erwachsene einen Rahmen festlegen, der Entscheidungsfreiheiten zulässt, wie, was Kinder essen oder spielen möchten. Im Ergebnis ist Demokratie im Kindergarten zeitintensiv, aber es lohnt sich. Denn Kinder sind von Natur aus egozentrische Wesen, die nicht an andere Perspektiven, Meinungen und Interessen denken. Kinder in Krippe und Kindergarten sind gerade erst dabei, prosoziales Verhalten zu lernen. Manche Kinder brauchen mehr, manche brauchen aufgrund günstiger familiärer Verhältnisse weniger Unterstützung durch die Fachkräfte.
Zwei Dinge sind besonders wichtig: eine demokratische Kultur des Kindergartenträgers und eine fundierte politische Bildung der Pädagog*innen in Verbindung mit Kenntnissen über Partizipationsmöglichkeiten. Denn Kindergarten als demokratische Institution kann nicht funktionieren, wenn „das Diktat des Trägers“ herrscht. Partizipation im Kindergarten setzt voraus, dass die Pädagog*innen selbst Möglichkeiten der Autonomie, Selbstverwaltung und Mitbestimmung haben. Unverzichtbar ist auch die politische Bildung der Pädagog*innen, um Wissen und Bewusstsein für die Grundwerte der Demokratie und demokratische Prozesse zu schaffen bzw. zu fördern. Im Gegenzug müsste die Aufsicht verstärkt werden. Denn Freiheit braucht Kontrolle, um Missbrauch vorzubeugen. Und bei aller Diskussion über Partizipation finde ich es wichtig, das Gemeinwohl im Blick zu haben und Kindern zu helfen, ein Gefühl für die Interessen der Gemeinschaft bzw. der Gruppe zu entwickeln.
Bis jetzt haben wir keine repräsentativen, empirischen Studien zur Partizipation im Kindergarten und österreichweit noch kein Pilotprojekt. In Schleswig-Holstein gibt es eine der ersten demokratischen Kitas Deutschlands, in der Kinder in Alltagsfragen mitentscheiden können. Es sind viele Formen denkbar. Partizipation der Kinder fängt schon bei der Erstellung der Regeln selbst an. Manche „Demokratie-Kitas“ haben eine eigene Verfassung, „Kinderräte“ oder „Kinderparlamente“. Es gibt aber auch schon bestehende demokratische Elemente in Kindergärten wie den Morgenkreis: er lässt einen herrschaftsfreien Diskurs zu, bei dem jeder und jede zu Wort kommen kann.
Ja, wenn sie die Erfahrung machen. Ein Beispiel: Eine Entscheidung, die die Allgemeinheit betrifft, kann jene zwischen Äpfeln oder Birnen zum Nachtisch sein. Kinder können anhand ausgewählter Symbolbilder darüber abstimmen, was es zu essen gibt. Dabei gehören sie manchmal der Mehrheit an, die sich durchsetzt und manchmal werden sie überstimmt und müssen das auch akzeptieren lernen. Fachkräfte können ihnen dabei helfen. Wichtig ist, dass es Themen sind, die sie betreffen und interessieren.
Dr. Bernhard Koch ist Herausgeber und Verfasser mehrerer Bücher und Beiträge zur Elementarpädagogik und lehrt an verschiedenen österreichischen Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen, so auch im Bachelorstudiengang Sozialmanagent in der Elementarpädagogik an der FH Campus Wien. In den Jahren 2008 bis 2016 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Universität Innsbruck.
Neuerscheinung: Kindergarten und Demokratie in einer Zeit der Unsicherheit - Aspekte elementarer und politischer Bildung. Lit Verlag.