Mit Sicherheit auf der Nebenbahn

Stillgelegte Nebenbahnen durch den Einsatz automatisiert fahrender „People Mover“ wirtschaftlich sinnvoll revitalisieren – das ist die Idee des Vienna Institute for Safety and Systems Engineering (VISSE). Allerdings ist der Anspruch an die Sicherheitstechnik bei Schienenfahrzeugen im „Open Track“-Bereich völlig anders als bei U-Bahnen oder Metro­linien, die sich im „Closed Track“-Bereich und damit in einem relativ geschützten Umfeld bewegen.

 

NachHALTig im ländlichen Raum 

Viele Nebenbahnen in Österreich sind aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen stillgelegt. Infrastruktur ist also vorhanden, wird aber nicht mehr genutzt. Das VISSE hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, ein Konzept für den Betrieb dieser meist eingleisigen Strecken auf Nebenbahnen zu erarbeiten. Die Lösung: People Mover, einteilige, schienengebundene Leichtbaufahrzeuge für maximal 20 Personen. Damit würde ein zusätzliches und nachhaltiges Mobilitätsangebot für die Menschen in ländlichen Regionen geschaffen.

Safety first!

Im Projekt AuSoDoTS – gefördert von der Stadt Wien, MA 23 – entwickelten die Forscher*innen des VISSE gemeinsam mit dem Masterstudium Safety and Systems Engineering eine spezielle Analysemethode für die Systemsicherheit des automatisierten Fahrens auf der Schiene. Damit lassen sich nicht nur die Fehlfunktionen von Systemen betrachten, sondern auch deren Kontext. Gefährliche Situationen werden identifiziert und analysiert – Einflüsse durch Witterung, Lichtverhältnisse, Menschen oder Tiere mit einbezogen. Gegenstand der Analyse sind zudem technologische Grenzen, die sich speziell bei der Identifikation und Interpretation von Hindernissen zeigen. 

Automatisiert im Burgenland: Open Rail Lab

Mit einem Konzept für eine Forschungsplattform zum automatisierten Fahren auf der Schiene für Wissenschaft und Industrie geht das VISSE nun noch einen Schritt weiter. In Oberwart im Burgenland soll ein „Open Rail Lab“ (ORL) entstehen und innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre in sechs Etappen realisiert werden: Laborbereich am Bahnhof Oberwart, Ausbau der gesamten Strecke (Teststrecke) bis Friedberg, On-Demand-Mode (Demo- Version mit People-Mover-Attrappen), On-Demand-Mode im Güterverkehr, On-Demand-Mode mit Menschen, Ausbau eingleisiger Strecken mit dem „On-Demand-People-Mover-Konzept“ in ganz Österreich. AuSoDoTS ist ein wesentlicher Baustein dafür, die Vision People Mover auf Nebenstrecken zu realisieren.

Ein Forschungslabor wie das geplante Open Rail Lab (ORL) in Oberwart würde wesentliche Impulse weit über das Burgenland hinaus setzen. Es zeigt zudem, wie zukunftsfähig die Forschung an der FH Campus Wien ausgerichtet ist.

Hans Niessl, Landeshauptmann des Burgenlands

Systemsicherheit: inhärent statt funktional 

Ein wichtiger Aspekt im ORL-Projekt wird sein, inhärent sichere Technologien zu entwickeln, zu validieren, zu qualifizieren und zu zertifizieren. Über die traditionelle funktionale Sicherheit hinaus reicht der Grundsatz der inhärenten Systemsicherheit, den Faktor Sicherheit bereits auf konzeptioneller Ebene zu berücksichtigen. Das VISSE unterstützt mit eigens entwickelten systematisch-­methodischen Vorgehensmodellen die Unternehmen.

Ungarn setzt auf Know-how aus Wien 

Der jüngste Zuwachs im Kreis der Kooperationspartner*innen kommt aus Ungarn. Aktuell arbeiten die Safety-Forscher*innen mit der Technischen Universität Budapest und dem Projekt ZalaZONE zusammen, das von der ungarischen Regierung initiiert und gefördert wurde. Unweit der österreichischen Grenze entsteht auf rund 260 Hektar ein Testgelände für Wissenschaft und Industrie, um Fahrzeuge und Kommunikationstechnologie für zukünftige Formen der Mobilität – etwa automatisiertes Fahren – zu analysieren.

Wir werden die wachsenden Verkehrsströme nur mit kreativen Mobilitätskonzepten bewältigen. Mit fortschrittlichen Automatisierungstechnologien kann es in Zukunft gelingen, Nebenbahnen neues Leben einzuhauchen. Das ist von großer Bedeutung, weil damit auch der ländliche Raum infrastrukturell erschlossen werden kann und der Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt eine Attraktivierung erfährt.

Norbert Hofer, Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie


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