Aussagen großer Automobilhersteller zufolge, werden wir spätestens im Jahr 2030 in vollständig selbstfahrenden Autos unterwegs sein. Tatsächlich werden autonom fahrende Fahrzeuge aber die Schiene vor der Straße erobern, sagen Hans Tschürtz, Leiter des VISSE, und Walter Sebron von der FH Campus Wien. Das Thema Sicherheit ist bei selbstfahrenden Schienenfahrzeugen beinahe so komplex wie bei Autos, aber: „Die Schiene hat den Vorteil, dass die Fahrzeuge sich in einer relativ geschützten Umgebung bewegen. Viele Faktoren, die im Straßenverkehr beachtet werden müssen, spielen nur in spezifischen Fällen eine Rolle“, so Walter Sebron. Er leitet das Projekt AuSoDoTS – Safety-Konzepte für autonome, schienengebundene, on-demand, open-track Systeme an der FH Campus Wien.
Mit einer Vollautomatisierung ist aber auch bei Schienenfahrzeugen nicht allzu bald zu rechnen: „Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es noch einige Herausforderung zu lösen. Insbesondere das Sicherheitsthema spielt hier eine große Rolle, allen voran die Witterungsverhältnisse, die Situationsbeherrschung, die Erkennung und Interpretation der Umgebung sowie die Ausfallsicherheit der softwaregesteuerten Elemente im Fahrzeug selbst. Maschinen sind nicht wie der Mensch in der Lage, jede Situation zu beherrschen. Die Handlungsfähigkeit eines technischen Systems ist vielfach eingeschränkt vor allem bei nicht vorhersehbaren Vorkommnissen“, sagt Hans Tschürtz.
Das Vienna Institut for Safety and Systems Engineering forscht im Rahmen des von der Stadt Wien MA23 geförderten Projektes AuSoDoTS – Safety-Konzepte für autonome, schienengebundene, on-demand, open-track Systeme an der Systemsicherheit von selbstfahrenden Schienenfahrzeugen. In enger Zusammenarbeit mit dem Masterstudium Safety and Systems Engineering wird ein völlig neuer wissenschaftlicher Ansatz verfolgt: die inhärente Systemsicherheit für autonomes Fahren. Anders als bei der funktionalen Systemsicherheit, bei der Sicherheitsmechanismen in ein System hinzugefügt werden, wird bei der inhärenten Systemsicherheit der Faktor Sicherheit von Anfang an in jedes noch so kleine beteiligte Subsystem mit eingeplant. „Wir wollen weg von der funktionalen Sicherheit, die bei gefährlichen Situationen einen sicheren Zustand vorsieht, hin zu inhärenter Systemsicherheit, die darauf setzt, Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen“, sagt Tschürtz: „Solche Ansätze müssen in Zukunft mehr berücksichtigt werden, da geht es um Prävention.“
Ein erster Erfolg gelang dem Institut bereits mit einem Safety-Konzept für – teilweise nur eingleisig geführte – Nebenbahnen. Durch automatisierten Betrieb und bei Anbindung an das restliche Nahverkehrsgebiet könnten unrentable Nebenstrecken wieder gewinnbringend geführt werden. Die FH Campus Wien nimmt außerdem federführend am Projekt Open.Rail.Lab teil: Zwischen Friedberg (Steiermark) und Oberwart (Burgenland) entsteht Europas erste Teststrecke für selbstfahrende Züge. Künftig werden dort neue Technologien entwickelt und getestet. Im Projekt wird schrittweise am Thema autonomes Fahren und an der Integration notwendiger Sicherheitsaspekte in die Systeme gearbeitet.
Die beiden Safety-Experten gehen davon aus, dass die Automatisierung des Schienenverkehrs zügig voranschreiten wird. Den Menschen wird die Maschine allerdings nicht sofort ersetzen können. Er wird zumindest vorläufig noch eine Kontrollfunktion ausüben müssen. Denn für viele Situationen und Anforderungen gibt es bisher keine sichere, zufriedenstellende technische Lösung: „Und es wird noch dauern, bis wir sie gefunden haben.“
Bei den Zukunftsgesprächen diskutieren Expert*innen über die Grenzen der Technik und die Auswirkungen von Digitalisierung und Vernetzung auf uns und unsere Gesellschaft.
Immer neue Technologien verändern unser Leben. Digitalisierung und Vernetzung machen die Welt vielfältiger, aber auch komplexer. Das hat Auswirkungen auf die Gesellschaft und auf uns selbst. Auf unseren Umgang mit Wissen und Arbeit, auf unsere Mobilität, auf unser Bedürfnis nach Sicherheit, aber auch auf unsere demokratischen Grundwerte und Freiheiten.
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