29. Juni 2017
Patricia Resl schaffte, was vielen anderen verwehrt bleibt. Sie studierte Soziale Arbeit und setzt sich – selbst gehörlos – für andere gehörlose Menschen als Beraterin und Trainerin ein.
Hörbeeinträchtigte oder gehörlose Menschen sind in sämtlichen Ausbildungssparten nicht privilegiert. Als nach wie vor großes Manko im Schulsystem nennen Betroffene die vorwiegend auf Lautsprache orientierte Ausbildung. Viele bleiben in dieser Form der Wissensvermittlung auf der Strecke und müssen sich mit einem niedrigeren Schulabschluss zufrieden geben, obwohl sie dasselbe zu leisten vermögen wie Hörende. „Es fehlen DolmetscherInnen. Die oral ausgerichtete Wissensvermittlung ist anstrengend und zeitverzögernd, was sich letztlich auf die Schulbildung von Hörbeeinträchtigten auswirkt, die in der Regel keine gute ist“, sagt Patricia Resl, Absolventin des Bachelorstudiums Soziale Arbeit an der FH Campus Wien.
Unter hohem persönlichen Einsatz
Patricia Resl ist Trainerin und Sozialberaterin bei equalizent, einem Qualifikationszentrum für Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit, Gebärdensprache und Diversity Management in Wien. Sie ist seit vielen Jahren als Trainerin und Beraterin tätig, sammelte Berufserfahrung in Johannesburg/Südafrika und Cochabamba/Bolivien, war Darstellerin in Theaterproduktionen und sieben Jahre Schwimmsektionsleiterin des Wiener Gehörlosen Sportclub „WGSC 1901“. Inklusion ist für sie ein „schönes Wort“, aber in der Realität schwierig, weil es kaum Angebote für Gehörlose gäbe. „Die hohen DolmetscherInnenkosten sind ein Problem. Zudem tragen viele Kinder Cochlea-Implantate. Sie lernen die Gebärdensprache nicht mehr, was wiederum die Kommunikation mit GebärdensprachlerInnen erschwert. Eine brauchbare Lösung fällt mir dazu im Moment nicht ein.“
Gebärdensprache seit 2005 in Österreich als eigenständige Sprache anerkannt
Von etwa 450.000 Menschen in Österreich, die aufgrund einer Hörbehinderung in der Kommunikation mit anderen beeinträchtigt sind, sind 8.000 bis 10.000 Menschen gehörlos. Einige weitere tausend Menschen können sich trotz Hörhilfen kaum verständigen, sie verwenden ebenfalls die Österreichische Gebärdensprache - fasst der Österreichische Gebärdensprach-DolmetscherInnen- und -ÜbersetzerInnenverband „ÖGSDV“ auf seiner Website zusammen. Barrieren gegenüber Gehörlosen abzubauen ist Patricia Resl wichtig. „Sich einfach normal mit uns zu unterhalten, entweder auf Zettel schreiben oder in das Handy tippen. Und die Frage vermeiden ‚Können Sie mich hören?‘ oder zu verlangen von den Lippen abzulesen. Und mein großer Wunsch: mich so zu akzeptieren wie ich bin, und mit dem, und was ich will.“
Studium an der FH Campus Wien
Grundsätzlich ist ein Studium an der FH Campus Wien in allen Bereichen möglich – sofern ein Studiengang keine explizite körperliche Eignung vorschreibt. Unterstützung bietet das Projekt GESTU/„Gehörlos erfolgreich studieren“ – das die Mittel für die DolmetscherInnen und SchriftdolmetscherInnen für hörbeeinträchtigte und gehörlose Studierende an Hochschulen (Unis, FHs, PHs) im Wiener Raum verwaltet und diese Personen auch für die Unterrichtszeiten der Studierenden koordiniert. Außerdem berät GESTU Lehrende im Hochschulbereich für den Unterricht mit gehörlosen Studierenden.