11. Dezember 2019
Bei der Campus Lectures am 3.12. sprachen Expert*innen aus dem Steuer- und Rechnungswesen über notwendige Voraussetzungen, damit digitale Lösungen in der Buchhaltung umgesetzt werden.
Das Jahressteuergesetz 2018 schaffte in Österreich die gesetzliche Grundlage für begleitende Kontrollen als Alternative zur jährlichen steuerlichen Außenprüfung. Unternehmen, die daran teilnehmen, müssen ein Steuerkontrollsystem einrichten und sich mit digitalen Anwendungen auseinandersetzen. Doch viele Kanzleien oder Unternehmen stehen hier erst am Anfang. Dazu diskutierten Martin Setnicka, Leiter des Zertifikatsprogramms „Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen“ der Campus Wien Academy, Kirstin Krippner, Tax Director bei KPMG, Roland Macho, Fachvorstand der Großbetriebsprüfung sowie Lehrender und Forschender an der FH Campus Wien, Christian Weinzinger, Leiter des Predictive Analytics Competence Center im Bundesministerium für Finanzen (BMF) sowie Christoph Prieler, Mitbegründer der Abacus mit Michael Köttritsch, Ressortleiter Management & Karriere bei der Tageszeitung „Die Presse“.
Technologische Möglichkeiten wie Big Data, Künstliche Intelligenz oder Machine Learning treiben Veränderungen in der Buchhaltung voran und ermöglichen, dass Daten und Belege im Rechnungswesen rasch verfügbar und abrufbar sind. Entscheidungen können schneller getroffen und die Transparenz von Daten erhöht werden. Um technologische Lösungen einsetzen zu können, müssen Abläufe oder Eingaben automatisiert werden. Der wichtigste Schritt für die Automatisierung ist erst einmal zu standardisieren. Hier hängt alles von der Qualität der Daten ab, so Christian Weinzinger. Ohne vollständige und richtige Datenpools, die regelmäßig gepflegt werden, fehlt die Basis für weitere Schritte. Wer digitale Anwendungen im Unternehmen implementieren möchte, nutzt im Rahmen der Standardisierung die Möglichkeit, Prozesse zu optimieren. Denn gut funktionierende analoge Prozesse, funktionieren auch digital besser.
Fehlerquellen sind oft verschiedene Formate und Plattformen, von denen Dateneingaben zusammengefügt werden. Christoph Prieler stellte digitalisierte Best-Practice-Beispiele vor, die bereits in Unternehmen umgesetzt wurden. KI-basierte Buchhaltung kann helfen beim Automatisieren von Heften, Auslesen von Beleginformation oder Vorhersagen von Werten wie Steuercode, Sach- oder Personenkonto. Weiterbildungen für Mitarbeiter*innen bereiten auf die neuen Anforderungen im Finanzbereich vor.
Kirstin Krippner betonte, dass neben kaufmännischem Wissen vor allem das Verständnis für Prozesse immer wichtiger wird. Dabei stellen sich die Fragen, wo beginnt und endet ein Prozess im Unternehmen, an welchen Stellen bin ich bei diesem Prozess eingebunden und wo habe ich welche Wirkungskraft. „Man muss sich gegenseitig in den Kopf des jeweils anderen versetzen“, sagte Roland Macho. Übersetzer*innen, die grundlegendes Wissen in beiden Bereichen haben, können zwischen ihnen übersetzen, vermitteln und sie zusammenführen. Denn – hier waren sich bei der Podiumsdiskussion alle einig – erfolgreiche Projekte funktionieren nur in Teamarbeit aller Fachexpert*innen.
Für Mitarbeiter*innen im Finanzbereich sind Schulungen und fachliche Weiterbildungen im Bereich Digitalisierung unumgänglich. Martin Setnicka sieht Digitalisierungswissen in jeder Organisation als notwendiges Basiswissen. Denn zu guter Letzt trägt immer der Mensch die Verantwortung für das Handeln. Das Zertifikatsprogramm „Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen“ an der FH Campus Wien beinhaltet digitale Trends, Big Data und Datenmanagement, steuerrechtliche Entwicklungen und IT-Lösungsansätze. Der Start ist im April 2020.