24. Mai 2017
Allein in Deutschland gibt es bereits mehr als 200 hochspezialisierte Operationsräume, berichtet Clemens Bulitta von der Ostbayerischen Hochschule Amberg-Weiden bei den Campus Lectures. Er berät beim Aufbau des Operationssaal– Innovation Centers der FH Campus Wien.
Der Hybrid-OP ist voller Hightech: computerunterstützte OP- und Interventionstechniken und robotische Assistenzsysteme machen es beispielsweise möglich, die PatientInnenanatomie durch intraoperative Bildgebung indirekt zu visualisieren. Das ist heute vielfach auch in kleinen und mittleren Krankenhäusern Alltag – etwa in der Herz- und Gefäßchirurgie, aber auch in der Neurochirurgie, Traumatologie und Orthopädie, Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie, Urologie und Allgemeinchirurgie.
Der große Vorteil liegt darin, dass Eingriffe minimal-invasiv, also Operationswunden lediglich so groß wie unbedingt nötig sind. Dem steht ein großer Aufwand gegenüber, der nur durch eine optimale, interdisziplinäre OP-Auslastung gerechtfertigt ist – sorgfältige Planung, straffe Projektorganisation und umfassende Wirtschaftlichkeitsanalyse vorausgesetzt. „Mitzudenken sind nicht nur die Investitions- und Betriebskosten, sondern auch die Qualifizierungskosten des Personals“, so Clemens Bulitta. Zahlt es sich aus? Ja, weil sonst die besten Technologien sinnlos sind.“
„Die Planung muss sich am klinischen Workflow orientieren und in einem einzigen ‚Masterplan‘ zusammengefasst werden, der alle Gewerke – Medizintechnik, Technische Gebäudeausstattung, Bau – berücksichtigt“, so Bulitta. Eine Visualisierung in 3D erleichtere zusätzlich die Abstimmung zwischen den verschiedenen NutzerInnen. Auch der Einsatz von Building Information Modelling (BIM) – einem virtuellen Modell an dem alle beteiligten Fachdisziplinen gemeinsam arbeiten – helfe bei der Umsetzung. „Einen allgemeinen Standard für Ausstattung, Design und Planung solcher Operationsräume kann es jedoch nicht geben. Dafür sind die klinischen Anforderungen und der Bestand im Einzelfall zu unterschiedlich“, folgert Clemens Bulitta.
Ein häufiger Hemmschuh für die OP-Auslastung ist, dass das Fachpersonal zu wenig geschult wird. Im wirtschaftlichen OP-Betrieb kommt es auf alle Berufsgruppen an. „Nur mit standardisierten Arbeitsabläufen kann ein workfloworientiertes Konzept für den täglichen Betrieb realisiert werden“, gibt Clemens Bulitta zu bedenken. Ohne Weiterbildung geht es jedenfalls nicht – diese reicht von der Bedienung der Geräte, über Grundlagen der modernen Bildgebung und -nachverarbeitung, Möglichkeiten des Strahlenschutzes, PatientInnenlagerung bis zur Bestellung und der Lagerung interventioneller Materialien. Und es braucht Kommunikationstrainings für alle Beteiligten. „Die Schnittstellenkompetenz zwischen Medizin und Technik wird damit zum entscheidenden Erfolgsfaktor“, ist er sicher.
Clemens Bulitta promovierte 1995 an der medizinischen Fakultät Heidelberg. Nach Weiterbildung im Fach Chirurgie und zwei Jahren als Research Fellow am Massachusetts General Hospital in Boston, USA, trat er 2001 in den Healthcare Sektor der Siemens AG ein. 2010-2012 war er für das weltweite Projekt- und Partnermanagement für Angiographiesysteme im Operationssaal, sogenannte Hybrid-OPs zuständig. Seit 2012 ist er an der Hochschule in Weiden tätig und leitet dort das Institut für Medizintechnik.