13. Januar 2025
Barbara Wallner ist Absolventin des Masterstudiengangs Kinder- und Familienzentrierte Soziale Arbeit der FH Campus Wien und hat in ihrer Masterarbeit untersucht, inwieweit die gesetzliche Altersgrenze von zwei Jahren bei der gemeinsamen Unterbringung von Mutter und Kind im Strafvollzug zu potenziell traumatischen Trennungen führt und welche Veränderungen es braucht.
Dieses spannende Thema wurde am vergangenen Freitag im Rahmen einer Campus Lecture diskutiert. Barbara Wallner hat für ihre Masterarbeit zahlreiche Expert*inneninterviews mit Justizvertreter*innen, Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen in den Justizanstalten Schwarzau, Wien-Josefstadt, dem Bundesministerium für Justiz sowie der Kinder- und Jugendhilfe Wien und Niederösterreich geführt, um sich ein umfassendes Bild zu machen. Im theoretischen Teil ihrer Masterarbeit hat sie sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, entwicklungspsychologischen Ansätzen sowie der Rolle der Sozialen Arbeit beschäftigt. Derzeit sind 656 Frauen in Österreich in Haft. Um die Entscheidung über eine gemeinsame Unterbringung zu treffen, werden in der Praxis viel mehr Faktoren hinzugezogen, als es das Gesetz vorgibt, wie zum Beispiel die Erziehungsfähigkeit der Mutter oder die Deliktart. Wallner kritisiert, dass die Altersgrenze in Österreich starr geregelt ist. Kinder dürfen nur bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr bei ihren Müttern untergebracht werden, und nur dann, wenn Mutter und Kind gemeinsam entlassen werden, kann dies bis zum dritten Geburtstag ausgeweitet werden. Übersteigt das Haftausmaß der Mutter um nur wenige Wochen diese Altersgrenze, müssen Mutter und Kind getrennt werden. Die seelischen Folgen der Trennung sind, je nach Zeitpunkt und Übergangsform, für Mutter und Kind stark belastend bis traumatisierend. Wallner fordert mehr Flexibilität seitens des Gesetzes, um im Einzelfall im Sinne des Kindeswohls zu entscheiden und gemeinsame Mutter-Kind-Entlassungen zu ermöglichen. Auch eine generelle Anhebung der Altersgrenze mit Veränderungen der Mutter-Kind-Unterbringung wurde in den Raum gestellt; der elektronisch Überwachte Hausarrest als Maßnahme zur gemeinsamen Mutter-Kind-Entlassung, um eine Trennung zu vermeiden, wurde ebenfalls genannt.
Im Anschluss an den Vortrag fand eine hochkarätige Podiumsdiskussion statt. Es diskutierten: Manuela Albl (Volksanwaltschaft), Claudia Frank-Slop (Familien- und Jugendgerichtshilfe), Wolfgang Gratz (Rechtswissenschaftler und Soziologe), Daniel Ibel (Sozialarbeiter, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut) und Barbara Lehner (Studienprogrammleiterin Akademische Sozialpädagogik-Sozialtherapie in der stationären Kinder- und Jugendhilfe, FH Campus Wien). Kritisch angemerkt wurde unter anderem, dass Vollzugsbeamt*innen in Justizanstalten keine umfassende Schulung im Umgang mit Müttern und ihren Kindern erhalten und dass Anstaltsleitungen keine externen Expert*innen zu Rate ziehen müssen, wenn es um die Einschätzung des Wohls von Müttern und Kindern in Haft geht.
Department Soziales
Masterstudiengang Kinder- und Familienzentrierte Soziale Arbeit