Die Kapitänin gibt Gas!

Das OS.Car Racing Team der FH Campus Wien ist das jüngste österreichische Formula Student Team. Es wurde 2012 gegründet und nimmt seit 2013/14 an Bewerben teil. Seit August 2017 hat das Team mit Natalie Gemovic erstmals eine Frau als Teamkapitänin. Im Interview erzählt sie uns von den neuesten Entwicklungen im Team, der erstmaligen Top Ten-Platzierung und den Herausforderungen als Powerfrau im Metier Rennsport.

 

Woher kommt Ihre Begeisterung für die Technik bzw. für den Rennsport?

Schon als Kind reichte ich meinem Vater und meinem Bruder in der familieneigenen Werkstatt Schraubenschlüssel und Zange. Mein Vater hat mich immer wieder ermutigt und angetrieben, mich mit technischen Themen auseinanderzusetzen. Meine Kindheit verbrachte ich in Österreich, meine Jugend im Ausland, dort absolvierte ich auch die HTL für Elektrotechnik. Als ich 2010 nach Österreich zurückkam, versuchte ich auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Nach vielen Absagen fiel mir eine Stellenanzeige für das Büro eines Wartungsunternehmens auf. Ich bekam zwar nicht diese Stelle, fuhr aber stattdessen im Außendienst in halb Österreich Gastronomiebetriebe an und reparierte dort Backöfen und andere Großküchengeräte. 

Sie sind seit August 2017 Kapitänin des OS.Car Racing Teams. Wie kam es dazu?

2015 entschloss ich mich dazu, mein technisches Wissen zu vertiefen und High Tech Manufacturing an der FH Campus Wien zu studieren. Von Anfang an war ich von der Möglichkeit begeistert, bei der Konstruktion eines Rennautos dabei zu sein. Im Team war ich zuerst für den Cost Report mitverantwortlich, anschließend Modulleiterin für den Bereich Engine & Drivetrain und seit 2017 bin ich schließlich Teamkapitänin.

Wie dürfen wir uns den Alltag einer Teamkapitänin vorstellen?

Als Teamkapitänin manage ich über 40 Studierende aus verschiedenen Studiengängen wie High Tech Manufacturing, Angewandte Elektronik, Embedded Systems Engineering, Computer Science and Digital Communications, Technisches Management, Green Mobility oder auch Physiotherapie, die sich alle in ihrer Freizeit im OS.Car Racing Team engagieren. Neben strategischen Entscheidungen fallen auch sehr viele organisatorische Tätigkeiten an: Das geht von der Budgetplanung über das Sponsoring bis hin zur Neukonzipierung des Autos. 

Was hat sich für Sie persönlich seit Ihrer Ernennung zur Teamkapitänin geändert?

Vor meiner Ernennung zur Kapitänin habe ich noch sehr viel selbst am Auto herumgeschraubt. Das vermisse ich jetzt ein wenig, aber es geht sich zeitlich leider einfach nicht mehr aus. Da sich die Personen unseres Teams ja größtenteils in ihrer Freizeit engagieren und gleichzeitig sehr viel Arbeit und Schweiß in das Projekt investieren, ist es nun meine Aufgabe, den Wissensaustausch innerhalb des Teams bestmöglich voranzu­treiben.

Sie haben sich ja in der „Männerdomäne“ Rennsport souverän etabliert: Haben Sie als Frau trotzdem mit Vorurteilen zu kämpfen?

Leider habe ich nach wie vor das Gefühl, dass man sich als Frau in diesem Bereich erst „beweisen“ muss. Es ist für viele Personen immer noch nicht selbstverständlich, eine Technikexpertin vor sich zu haben. Viele Männer stehen dem nach wie vor sehr skeptisch gegenüber, und deshalb werden Fehler auch immer sehr kritisch beäugt. Andererseits gibt es aber auch Personen, die einen total unterstützen und sich über den Erfolg freuen. Gerade hier an der FH oder bei der Formula Student ist das gang und gäbe. Hier ziehen alle am gleichen Strang und das Geschlecht spielt dabei überhaupt keine Rolle.

Wie läuft es denn gerade beim Team?

Momentan läuft es richtig gut. Wir haben 2017 erstmals eine Top Ten-Platzierung bei einem internationalen Rennen, der FS Hungary, erreicht. Im Juni 2018 haben wir unser neues Auto CR-118 Johnny vorgestellt. Außerdem gelang es dem Team erstmals, sich für den Formula Student-Bewerb am Hockenheimring zu qualifizieren. 

Was sind Ihre Ziele mit dem OS.Car Racing Team?

Ziel ist jedes Jahr eine technische Weiterentwicklung, aufbauend auf den Erfahrungen der vorangegangenen Bewerbe. Für heuer wurde die Aerodynamik komplett neu entwickelt, es gab einige innovative Umbauten am Motor, ein sehr innovatives Fahrwerk. Insgesamt ist es ein noch zuverlässigeres Package geworden als im Vorjahr. Deshalb freue ich mich schon auf die Saison und bin überzeugt davon, dass unser tolles Team auch in Zukunft einige Erfolge feiern wird. 

Weitere Informationen

Zum Video mit Natalie Gemovic


Studiengänge

Master

Advanced Manufacturing Technologies and Management*

berufsbegleitend