3 Fragen 3 Antworten

Guido Strunk zu Komplexität in der Wirtschaft

Priv.-Doz. Dr. Dr. Dipl.-Psych. Guido Strunk lehrt im Masterstudium Integriertes Risikomanagement an der FH Campus Wien. Der habilitierte Wirtschaftswissenschaftler und Psychologe gründete das Forschungsinstitut www.complexity-research.com, das systemwissenschaftlich orientierte Forschung und Beratung anbietet.

Wie spielen Risikomanagement und BWL zusammen?

Unternehmen brauchen für ihre erfolgreiche Entwicklung klassisches betriebswirtschaftliches Know-how ebenso wie Risikomanagement – das eine kommt nicht ohne das andere aus und umgekehrt. Der perfekte Business Plan reicht nicht, um erfolgreich zu sein, denn Komplexität lässt sich nicht vorhersagen. Es können morgen Risiken entstehen, die wir heute noch gar nicht kennen. Aber komplexe Systeme können durchaus verstanden und zielführend beeinflusst werden wenn man die maßgeblichen Faktoren, deren Wirkungszusammenhänge, die sensiblen Druckpunkte sowie die nötigen Einsichten im Umgang mit komplexen Systemen kennt. Risikomanagement bedeutet, mit dieser Komplexität vorausschauend umzugehen und die Organisationsstrukturen dahingehend auszurichten, um auf unbekannte Risiken rechtzeitig reagieren zu können. 

Was kann die Chaos- und Komplexitätsforschung bewirken?

Die moderne Chaos- und Komplexitätsforschung stammt aus den Naturwissenschaften und zeigt, dass nicht einmal einfache physikalische Systeme im Detail vorhergesagt werden können. Wie soll das dann bei Menschen, Unternehmen, Märkten gelingen? Die Forschung hat eine Reihe von Instrumenten und Analysetools hervorgebracht, anhand derer Unternehmen nützliche Informationen über die Dynamik von Systemen generieren können. Anhand von Algorithmen lassen sich Fragen beantworten wie z.B. „Wie komplex ist das System?“, „Wie stark wirken Einflüsse von außen auf das System?“, „Wie sicher sind Entscheidungen und Prognosen?“ oder „Wie sinnvoll sind Interventionen?“ Konkret bedeutet das, Frühwarnsysteme für plötzlich auftretende Krisen zu installieren und Planungssysteme flexibler zu gestalten.

Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein?

Die lässt sich eben nicht einschätzen. Ich denke, dass sich Wandel und Veränderung in den letzten Jahren rasant beschleunigt haben und weiter beschleunigen werden. Aber wie plant man das Nichtplanbare? Unternehmen tendieren dazu, mehr von dem zu machen, was in der Vergangenheit gut funktionierte. Aber was damals funktionierte, kann heute oder morgen die völlig falsche Strategie sein. Man denke nur an so prominente Beispiele wie Nokia oder Kodak – einmal waren sie Weltmarktführer, irgendwann war das Geschäftsmodell überholt. Ein anderes Beispiel ist die Tabakindustrie, die mit der drastischen Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht gerechnet hat. Oder im Ausland aktive Unternehmen, die plötzlich vor politischen Veränderungen in diesen Ländern stehen und als Worst-Case-Szenario vor der Enteignung. Deshalb wird es für Unternehmen immer wichtiger, Interdependenzen und Unsicherheiten zu akzeptieren, Strategien zum Umgang mit Komplexität zu entwickeln und diese Einsichten als kreatives Potenzial zu nutzen.


Studiengang