Kunstausstellung Zukunftsgespräche

Veränderung in der Kunst

Ist nicht das Malen eines Bildes oder die Anfertigung eines Kunstobjekts per se schon Veränderung – eine Veränderung von Materialien? Wie lassen sich Kunstschaffende von Veränderung inspirieren? Wie reflektieren sie Veränderung im Kontext von Verantwortung? Zum Thema „Veränderung“ der aktuellen Zukunftsgespräche im Mai 2019 findet an der FH Campus Wien eine begleitende Ausstellung statt. Die Werke sind bis April 2020 zu sehen.

Die Zukunftsgespräche an der FH Campus Wien

Die Mission der FH Campus Wien ist es, Zukunft mit Bildung zu gestalten. Die Veranstaltungsreihe „Zukunftsgespräche“ der FH Campus Wien greift diesen Anspruch unmittelbar auf. Namhafte Gäste aus dem In- und Ausland diskutieren mit Expert*innen der FH Campus Wien über die aktuellen Herausforderungen der Menschheit und die Grenzen, an die man bei deren Lösung bisweilen stößt. Die Zukunftsgespräche suchen nach Ansätzen für die Zukunft und bieten Raum für öffentlichen Diskurs.

Die diesjährige Veranstaltung nimmt sich als Ausgangspunkt für eine multidisziplinäre Auseinandersetzung die tiefgreifende Phase der Veränderung unserer Gesellschaft, von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft. Denn technologischer Fortschritt, Digitalisierung, Globalisierung, Migration, Wertewandel und demografischer Wandel stellen die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Und verändern sie auf allen Ebenen: immer schneller, immer dynamischer, immer komplexer. Bildung und Kunst nehmen in diesen Prozessen des Wandels sehr wichtige Funktionen ein. Die dazu ausgestellten Kunstwerke sollen zum Hinschauen und zum Nachdenken anregen.

Die Ausstellung

Auf Einladung der FH Campus Wien haben Künstler*innen das Thema hinterfragt. Für die Auswahl der Arbeiten von zeichnet eine Jury aus profilierten schweizerischen und österreichischen Kurator*innen verantwortlich:

  • Karin Mairitsch, bildende Künstlerin, Co-Präsidentin der visarte zentralschweiz, bis 2016 Vorstandsmitglied der Kunsthalle Luzern
  • Günther Oberhollenzer, Kurator für das neue Kunstmuseum in Krems - der Landesgalerie Niederösterreich
  • Katharina Moser, Galeristin, loft8 kunstraum und Galerie in der Brotfabrik
  • Jutta Garbe, Leiterin Unternehmenskommunikation, FH Campus Wien

Nationale und internationale Künstler

Bei der Vernissage am 15. Mai führte Kuratorin Karin Mairitsch von Exponat zu Exponat und resümierte: „Wir können festhalten, dass die antizipierende Kraft der Kunst gerade beim Thema Veränderung verstörend offen legt, dass Zeit abgelaufen ist und uns die Utopie der Zerstörung, Vereinsamung und Unmenschlichkeit gar schon eingeholt hat.“

Jeremias Altmann und Andreas Tanzer (beide A)
Marianne Lang (A)
Pawel Mendrek (A/PL)
Kollektiv Spargut (Achim Schroeteler und Thomas Aregger, beide CH)
Claudia Vogel (CH)
Anna-Sabina Zürrer (CH)

Hier finden Sie alle Fotos von der Vernissage.

Jeremias Altmann und Andreas Tanzer (A) - Umwälzungen | Geflecht | Your Fear of Nostalgia

Als „Umwälzungen“ betiteln die beiden Künstler Jeremias Altmann und Andreas Tanzer die 10-teilige Radierungsserie aus dem Zyklus der grey time. Alle Werke der grey time wurden mit vier Händen kreiert – durch die Kontinuität ihrer Zusammenarbeit entstand eine gemeinsame Sprache, welche sie seither mit dystopischer Formgebung veräußern. Der Fokus ist gerichtet auf Spuren und Reste vergangener Fragilität - ohne den eindeutigen Verweis einer zeitlichen Einbettung ihrer Werke geben zu wollen – vermitteln sie dennoch ein befangenes Jetzt. Ein „Nachher“ mit ungewissem „Davor“.

„Geflecht“ - ein weiterer Teil des Projektes grey time - nimmt Bezug auf eine Rauminstallation von Tanzer und Altmann, für welche sie die saubere Küche eines ehemaligen Bürogebäudes in eine zerklüftete Industrie-Ruine verwandelten. Als Echo jenes temporären Eingriffs, der nur für sein unmittelbares Publikum erfahrbar war, entstand das „Geflecht“ als schemenhafte, malerische Erinnerung. Und auch in diesem Bild wird sichtbar, dass die grundliegenden Fragen der Bildästhetik und Komposition selbst in Visionen der Zerstörung ihren klaren Widerhall finden können. Leben bedeutet Verfall - Verfall bedeutet Leben.

 „Your Fear of Nostalgia“ ist eine Serie von speziell behandelten Zinkplatten und zeigt die Erhabenheit scheinbar unzerstörbaren Dinge. Als Ausgangspunkt dafür verwendete Jeremias Altmann eine kleine Landschaft, die er als räumliches Stillleben aus verschiedenen Komponenten zerlegter Geräte wie kaputten Filmprojektoren, CD-Playern, Festnetztelefonen und Haushaltsgeräten zusammenstellte. Maschinen sind Zeugen technischer Transformationen. Im Spannungsfeld zwischen ästhetischen Behauptungen, Bezügen zur Geschichte der Zivilisation und gefährlichen Abfällen bilden die Komponenten unserer ehemaligen Gefährten jetzt einen metallischen Widerstand, der letztendlich in Vergessenheit geraten wird. 

Marianne Lang (A) – Double Sight

In der Bleistift-Serie Double Sight lenkt Marianne Lang das Hauptaugenmerk auf die Durchdringung und Verschachtelung von Innen – und Außenräumen und damit von natürlichen und menschlichen Räumen. Gleichzeitig stellt sich die Frage, welche Räume sind im Zeitalter des „Anthropozän“ noch als natürlich zu bezeichnen, wenn der Mensch als dominierende Kraft den Planeten tiefgreifend verändert. 

Die Transparenz in den Bildern verdeutlicht: die Grenzen zwischen Umwelt und all dem geologischen Einfluss des Menschen sind aufgelöst, die Mauern zwischen Natur und Kultur gefallen. Raum wird zum Sichtfeld, zum „Eingeräumten“, das nur durch den Horizont begrenzt ist. Die Bleistiftzeichnungen der Serie Double Sight zeigen eine Außen- und zugleich eine Innenaufnahme. Wie durch ein Fenster erblickt der Betrachter verschiedene Landschaften, zugleich aber auch jeweils auf einen Innenraum. 
Damit gibt Lang auch sehr private Einblicke: tatsächlich vermischt Lang in diesen Vexierbildern Erinnerungen an private Orte: der Blick aus dem Elternhaus in der Steiermark, die Innenansicht der Atelierwohnung im Wiener 2. Bezirk oder der Urlaubsort.

Pawel Mendrek (A/PL) – Project 12 Characters

Caregiver | Creator | Everyman | Explorer | Hero | Innocent | Jester | Lover | Magician | Outlaw | Ruler | Sage

Pawel Mendrek kann als Künstler beschrieben werden, der konstant in Bewegung ist, auch hin- und hergerissen zwischen seinem Arbeiten in Wien und seinen polnischen Wurzeln. Mendreks Arbeit ist breit gefächert und umfasst verschiedene Techniken wie Praxisforschung und das Mischen von experimentellen Techniken. Sein bevorzugtes Material ist Papier, und somit kombiniert er in seinem Schaffen Malerei, Fotografie, Zeichnen und Collagen. Indem er die Grenzen dieser Kunstrichtungen überwindet, definiert er seine künstlerische Vision neu. 

Durch seine sechs Episoden mit 18 Werken, von denen 12 an der FH Campus Wien zu sehen sind, zieht sich das Hauptthema der Utopie – im Sinne der Utopien im Allgemeinen und des utopischen Denkens, zwischen Öffentlichkeit und Privatsphäre in Verbindung mit einer futuristischen Sichtweise der Welt. Das Fortbestehen von Systemen, die alle einen Hauch von Utopie haben, die mit der Zeit von der schnellen Strömung des Lebens „erodiert“ wurden, erweist sich als augenblicklich.

Kollektiv «Spargut», Achim Schroeteler und Thomas Aregger (CH) – Arts-based Research-«Aktion»

Das Künstler*innenkollektiv «Spargut» aus der Zentralschweiz demonstriert in ihrer gesellschaftskritischen und auf Missstände hinweisenden Arts-based Research-«Aktion», welche Veränderungen „Sparen“ bewirkt und macht dies unmittelbar erlebbar. Ausgangspunkt ist das Sparen auf politischer Ebene, das besonders die Bereiche Bildung, Soziales, Kultur und Gesundheit betrifft. Das Kollektiv hat sich vorgenommen, die Systematik dahinter zu enttarnen und tut dies mit Methoden der künstlerischen Forschung,so auch in der dreitägigen Aktion an der FH Campus Wien.

Achim Schroeteler und Thomas Aregger applizierten Kernaussagen zur Methodologie des Sparens als eine Art These. Vorübergehende wurden interviewt und porträtiert sowie markante Schlagworte notiert. Mit Bleistift – direkt an die Ausstellungswände. Anschließend wurden die Methoden des Sparens umgehend zur Anwendung gebracht, indem die Porträts bspw. teilweise wegradiert oder Gesichtspartien a priori ausgelassen wurden. Besonderes Schwergewicht bekommt das Kunstwerk des Kollektivs «Spargut» dadurch, dass die Wände beim Ausstellungsabbau 2020 gestrichen werden müssen und mit dem Ausmalen auch das «Sparkunstwerk» gänzlich und unwiederbringlich verschwindet.
Metaphorisch wird damit die Methode des sprichwörtlichen «zu Tode Sparens» als die letzte Konsequenz der Sparrhetorik tatsächlich vollzogen.

Das Kollektiv Spargut über die Ergebnisse der Arts-based Research-«Aktion» an der FH Campus Wien, die konzentrierte Gespräche hervorbrachte und als lebendige und kritische Raumgestaltung wahrgenommen wurde: „Sparen deckt Wertigkeiten auf: Nicht in allen Bereichen wird gleich stark gespart, so verwundert es, dass in Berufsfeldern mit hohem Bezug zum Menschen, beispielsweise in der Betreuung alter Menschen oder im Berufsfeld der Hebammen massiv gekürzt wurde und wird. Es scheint, als sei der Dienst am Menschen aus dem Fokus gerückt.“ Und weiter: „Sparen macht Angst – egal ob in der Schweiz oder in Österreich. Wo gekürzt wird, wachsen vergleichbare Unsicherheiten: Gut ausgebildet, aber reicht das, wenn Personal eingespart wird? Wird der Arbeitsvertrag verlängert, wenn Ausgaben optimiert werden?“

Claudia Vogel (CH) – Hungerstein „Wenn du mich siehst, dann weine.“

Mächtig und nahezu unverwüstlich thront der Hungerstein von Claudia Vogel auf seinem Platz im Ausstellungsbereich der FH Campus Wien und zieht den Betrachter in seinen Bann. Eine Faszination, die Claudia Vogel veranlasste, die berühmten historischen Steine, die beispielweise an der Elbe aus dem Wasser ragen, in die Kunst zu transferieren. Mit ihren Inschriften und Jahreszahlen sind sie gleichsam Zeitzeugen wie Mahnmal und erzählen eine Geschichte: Hat der Fluss seinen normalen Wasserstand, sind sie kaum zu sehen, sinkt der Wasserspiegel aber, kommen sie teilweise oder gänzlich zu Tage. Der Name Hungersteine leitet sich davon ab, dass an Flüssen die Versorgung der Bevölkerung vor allem über den Wasserweg erfolgt ist, in Dürrezeiten bestand deshalb die große Gefahr einer Hungersnot.

Im Jahrhundertsommer 2018 kamen in vielen Flüssen Europas Hungersteine zum Vorschein und gaben Anlass zu weitreichenden Diskussionen über unsere Erderwärmung, Klimawandel und die Veränderung unserer globalisierten Welt. Gedankenanstöße in viele Richtung geben die Hungersteine auch durch ihre Botschaft im übertragenen Sinn:

  •  Legt uns jemand Steine in den Weg?
  • Markiert unser Engagement einen Meilenstein?
  • Wird jeder Stein umgedreht?
  • Bringen wir den Stein ins Rollen?
  • Wer wirft den ersten Stein?
  • Ist es nur ein Tropfen auf einem heißen Stein?
  • Ist diese Tatsache in Stein gehauen?

Claudia Vogel über ihre Emotionen beim Anblick der Hungersteine: „Steine überdauern uns und erzählen Geschichten - auch die Geschichte der Veränderung."

Anna-Sabina Zürrer (CH) – Ginkgo biloba alba

Blätter des Baumes „Ginkgo biloba“, der als ältester Baum der Erde und als „lebendes Fossil“ gilt, bilden die Basis für Anna-Sabina Zürrers Auseinandersetzung mit Veränderung. Ganz bewusst traf sie diese Wahl, denn in der Naturmedizin werden die Blätter dieses Baumes gegen das Vergessen, gegen Krankheiten wie Demenz, verabreicht. Ginkgo biloba hat sogar die Eiszeit überlebt und überdauert dank seiner Widerstandsfähigkeit Insektenfraß, Luftverschmutzung und sogar radioaktive Strahlung: Während am Explosionsort der Atombombe von Hiroschima jegliche Natur verbrannt und ausgerottet war, schlug der Ginkgo einer nahen Tempelanlage als einziges Grün im folgenden Frühjahr erneut aus. 

Zürrer stellt damit den Kontext von Verantwortung in Bezug zu Natur und das kollektive Gedächtnis. Und wirft für alle offensichtliche Fragen auf: Was sind die Langzeitfolgen des technologischen „Fortschritts“? Welche Mutationen beispielsweise entstehen mit oder ohne menschliches Zutun? Was bleibt am Ende physisch zurück, was verschwindet? 

Die Blätter des Ginkgo biloba sind normalerweise grün, im Herbst leuchtend gelb und im Winter braun.

Nach dem chemischen Eingriff der Künstlerin ist jedoch keine Farbe mehr vorhanden: Der natürliche Farbstoff der Photosynthese betreibenden Pflanze wurde komplett ausgewaschen. Unnatürlich weiß erscheinen die Stücke auf dem grauen Untergrund im dunkelgrauen Rahmen. Einzig die Struktur der Blätter und ihre unterschiedlichen Formen bleiben erkennbar. Die Farbe Weiß zieht sich wie ein Faden durch die Werke von Anna-Sabine Zürrer: „Nicht nur bei ‚Ginkgo biloba alba‘, sondern auch bei anderen Arbeiten von mir, steht ein weißes Blatt bzw. weißes Papier nicht am Anfang des künstlerischen Prozesses, sondern am Ende.“

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Strichzeichnung eines Gesichts und Schriftzug kaputt sparen

Kollektiv «Spargut»
Achim Schroeteler und Thomas Aregger (CH) | Arts-based Research-«Aktion»

Frau mit schulterlangem braunen Haar in Lederjacke vor Gemälde

Marianne Lang (A) | Double Sight

Zwei junge Herren vor Gemälde

Jeremias Altmann und Andreas Tanzer (A) | Geflecht

Junger Herr vor Gemälde mit zahnradbetriebener Maschine

Jeremias Altmann | Your Fear of Nostalgia

Herr in weißem Hemd und schwarzer Jacke neben Bild von zwei rot bekleideten jungen Damen

Pawel Mendrek (A/PL) | Project 12 Characters 

Mehrere Personen in Halbkreis um Ausstellungsstück stehend

Claudia Vogel (CH) – Hungerstein „Wenn du mich siehst, dann weine.

Perspektivische Aufnahme von kleinen gerahmten weißen Blättern auf schwarzem Grund

Anna-Sabina Zürrer (CH) – Ginkgo biloba alba

Dame mit kurzem blonden Haar spricht in Mikrofon

Rektorin Barbara Bittner eröffnete die Vernissage

Dame in heller Bluse und schwarzem Blazer redet vor Besuchern

Karin Mairitsch führte durch die Ausstellung


Zum Thema der aktuellen Zukunftsgespräche im Mai 2018 „Konflikt und Kooperation“ findet an der FH Campus Wien eine begleitende Ausstellung von neun nationalen und internationalen Künstler*innen statt. Aus den über 40 Einreichungen zum Open Call der FH Campus Wien gingen drei Preisträger*innen hervor, die bei den Zukunftsgesprächen geehrt wurden. Die Werke sind bis April 2019 zu sehen.

Die Zukunftsgespräche an der FH Campus Wien

Die Mission der FH Campus Wien ist es, Zukunft mit Bildung zu gestalten. Die Veranstaltungsreihe „Zukunftsgespräche“ der FH Campus Wien greift diesen Anspruch unmittelbar auf. Namhafte Gäste aus dem In- und Ausland diskutieren mit den Expert*innen der FH über die aktuellen Herausforderungen der Menschheit und die Grenzen, an die man bei deren Lösung bisweilen stößt. Die Zukunftsgespräche suchen nach Ansätzen für die Zukunft und bieten Raum für öffentlichen Diskurs. Die letzte Veranstaltung stand dabei ganz im Zeichen von Kooperationen zur Lösung und Vermeidung von Konflikten.

Warum werden die Zukunftsgespräche künstlerisch begleitet?

Wir luden Künstler*innen ein, sich mit dem Thema der Zukunftsgespräche auseinanderzusetzen: „Kooperation als Gegenentwurf zu Konkurrenz“. Ist das Konzept der Kooperation der Lösungsweg um Wissenschaft, Gesellschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft weiterzuentwickeln? Welches Potenzial steckt in Konflikten?

Gesucht wurden Werke, die diese Fragestellungen um die künstlerische Auseinandersetzung ergänzen und in einen weiteren Kontext setzen. Aus zahlreichen Bewerbungen wählte das KuratorInnenteam ein Œuvre an verschiedensten künstlerischen Positionen aus, die auf die Thematik in unterschiedlichster Weise eingehen und zum Hinschauen und Nachdenken anregen.

Wie wurden die Künstler*innen ausgewählt?

In einem Open Call konnten die Künstler*innen zu beiden Themenaspekten ihre Werke einreichen, oder auch nur einen der Aspekte künstlerisch aufarbeiten. Die Auswahl der Arbeiten traf eine Jury aus profilierten schweizerischen und österreichischen Kurator*innen:

  • Karin Mairitsch, bildende Künstlerin, Co-Präsidentin der visarte zentralschweiz, bis 2016 Vorstandsmitglied der Kunsthalle Luzern
  • Günther Oberhollenzer, Kurator für das neue Kunstmuseum in Krems - der Landesgalerie Niederösterreich
  • Katharina Moser, Galeristin, loft8 kunstraum und Galerie in der Brotfabrik
  • Jutta Garbe, Leiterin Unternehmenskommunikation, FH Campus Wien

Für die prämierten ersten 3 Kunstwerke stellte die FH Campus Wien ein Ankaufsbudget von € 10.000,- zur Verfügung.

Die Ausstellung

Insgesamt entschied sich die Jury für neun Künstler*innen:

Die Künstler*innen stammen aus sieben verschiedenen Nationen, was für die Interpretation der Exponate ein Spannungsfeld kulturell unterschiedlicher Zugänge eröffnet, die wir Ihnen hier genauer vorstellen möchten:

Franz Braun (A) - „A Tribute to Young Men“ (Preisträger)

„A Tribute to Young Men“ ist eine sehr realistisch gemalte Szenerie, eine Gruppe junger Menschen in verschiedenen Posen und Gesten innerhalb eines städtischen Settings. Franz Braun (A) hat diese eindrückliche Malerei erschaffen, inspiriert vom „The Who“-Song „Young Mens Blues“. Die Rollen der dargestellten Menschen und ihre Beziehungen zueinander sind vielfältig interpretierbar. Modelle waren Studienkolleg*innen des Künstlers an der Angewandten. Gerade die spannungsvolle Dynamik zwischen den Protagonist*innenn hat uns als Jury beeindruckt, die Klarheit bei gleichzeitiger Rätselhaftigkeit der Komposition und auch die z.T. bedeutungsschweren Posen und Gesten – etwa jene der jungen Frau, die in ihrer Haltung an eine christliche Ikonographie erinnert. Schön umgesetzt ist der Aspekt, dass die jungen Leute als Gruppe aber auch als Einzelpersonen überzeugen, denn jeder Mann, jede Frau ist kompositorisch eingebunden und steht doch auch für sich alleine. Gleichzeitig, so schreibt der Künstler im Begleittext, „sind sie zu Modellen geworden, zu Symbolen und nicht zuletzt zu Vorbildern“. So strahle das Bild ein „stilles Grundvertrauen“ der Jugendlichen aus, Menschen, die sich trotz vieler individueller Unterschiede, Reibungen und Unstimmigkeiten, trotz Enttäuschungen, Missverständnissen und Konfrontationen zueinander in einer tiefen Übereinkunft verbunden fühlen.

Andreas Weber (CH) - „Das Gefangenendilemmakomplex“ (Preisträger)

„Das Gefangenendilemmakomplex“ ist eine Arbeit, die sich unmittelbar und konkret mit der thematischen Vorgabe „Konflikt und Kooperation“ auseinander setzt – und zusätzlich auch auf eine partizipative Art und Weise. Basierend auf Robert Axelrods Theorie „Die Evolution der Kooperation“ thematisiert Weber die Frage, wie sich kooperatives Verhalten zwischen Menschen unter gewissen Bedingungen entwickeln und behaupten kann. 
Im Zentrum steht „The Prisoner's Dilemma“, ein Modell aus der Spieltheorie. Das Gefangenendilemma modelliert die Situation zweier Gefangener, die beschuldigt werden, gemeinsam ein Verbrechen begangen zu haben. Die beiden Gefangenen werden einzeln verhört und können nicht miteinander kommunizieren. Leugnen beide das Verbrechen, erhalten beide eine niedrige Strafe, da ihnen nur eine weniger streng bestrafte Tat nachgewiesen werden kann. Gestehen beide, erhalten sie dafür eine hohe Strafe, wegen ihres Geständnisses aber nicht die Höchststrafe. Gesteht jedoch nur einer der beiden Gefangenen, geht dieser als Kronzeuge straffrei aus, während der andere als überführter, aber nicht geständiger Täter die Höchststrafe bekommt.

Das Dilemma besteht nun darin, dass sich jeder Gefangene entscheiden muss, entweder zu leugnen (also mit dem anderen Gefangenen zu kooperieren) oder zu gestehen (also den anderen zu verraten), ohne die Entscheidung des anderen Gefangenen zu kennen. Wenn das „Spiel“ nur einmal gespielt wird, erscheint es für die Gefangenen vorteilhaft, den anderen zu verraten. Anders verhält es sich bei mehrmaligen Spielen ... dann wird erkannt, dass sich Kooperation durchaus lohnen kann. Weber stellt all das in einer Wandarbeit vor und fordert die Besucher*innen dann auf, sich hier aktiv zu beteiligen und Alternativen zum Gefangenendilemma und bessere Bilder für kooperatives Verhalten zu finden. Eine überzeugende Arbeit, die aufgrund der eingereichten Ideen und Vorschläge, die dann auf einer Pinwand zu sehen sind, sich im Laufe der Ausstellung stetig verändern wird und immer wieder zum Mitmachen, Diskutieren und Nachdenken einlädt. 

Faika Ceren Çağlar (TUR) – div. Werke ohne Titel (Preisträgerin)

Genährt aus Erfahrung und Wissen ist es Privileg und Fähigkeit von Künstler*innen, sich eine eigene Welt zu imaginieren, mit selbst erwähltem Regelwerk und Gesetz – eine Schöpfung, die zugleich zurückstrahlt auf unser Leben und über unsere Existenz erzählt. Faika Ceren Çağlar (TUR) weiß dieses Privileg zu nutzen. Çağlar ist eine Sammlerin. Eine Sammlerin von Bildern, Schriften und Wörtern. Abbildungen und Textzeilen aus unserer multimedialen Gegenwart, vor allem aus Zeitungen und Zeitschriften sind Inspirationsquelle und Arbeitsmaterial für ausdrucksstarke Collagen, die ihre Sicht auf die Welt offenbaren. Dabei kombiniert die Künstlerin Fotos und Wortfragmente mit expressiven malerischen und zeichnerischen Eingriffen und spielt mit den verschiedenen Bedeutungen eines Bildes, eines Wortes und deren kulturellen Codes. In dem kreativ intuitiven Prozess erschafft sie dadurch neue Bedeutungsebenen und Narrative. Die Collage ermögliche es ihr, so die Künstlerin, unterschiedliche Materialien und auch unzählige Geschichten aus dem täglichen Leben auf einer Oberfläche miteinander zu verschränken.


Die überzeugende persönliche Handschrift fasziniert, sowohl handwerklich wie auch inhaltlich, und hier besonders auch ihre künstlerische Fähigkeit, kollektive Bilder und Wörter aus unserer Gegenwart über Collage, Übermalung und zeichnerischen Eingriffe individuell zu interpretieren und neu zu deuten.

Barbara Gwerder (CH) - Sündenbock

Die künstlerische Intervention „Sündenbock“ zeigt fünf Cyanotypien. Handgemalte Negative wurden mit dem historischen Verfahren der Cyanotypie auf Papier projiziert. Um eine Zusammenarbeit zwischen zwei oder mehreren Konfliktparteien zu fördern, sollten keine Schuldigen oder keine Schuld in der Gegenpartei gesucht werden. Um das konfliktfähige Handeln positiv zu beeinflussen und Kooperationen zu bilden ist eine Schuldprojektion, wenn überhaupt nötig, nur auf meine „Sündenböcke“ zu empfehlen. Ganz nach dem Leitsatz: Einfühlungsvermögen statt Schuldzuweisung. Die „Sündenbock“ Werke sind eine Art Trumpfkarte für faire Spielregeln.
Bei Bedarf können die Schuldzuweisungen dem Papierbock übertragen werden. So kann vermieden werden, dass Konfliktbeteiligte zum Sündenbock werden. Schon im alten Testament, am Tag der Sündenvergebung im jüdischen Glauben, hat der Hohepriester einem Ziegenbock die Hand aufgelegt um die Sünden des Volkes auf ihn zu übertragen. Der Bock wurde mit den Sünden in die Wüste getrieben und die Menschen waren von ihren Sünden erlöst.


Die Arbeit „Sündenböcke“ deudet darauf hin, dass mit etwas Humor und Gelassenheit, dem unerfreulichen und betrüblichen Konflikt begegnet werden darf.

Miye Lee (KOR) – ohne Titel

Ihre Malerei, im Besonderen die abstrakten Arbeiten, bestehen auf den ersten Blick aus zufällig angeordneten Farben und Formen. Dieser Eindruck täuscht, die Farb- und Formkompositionen sind sorgfältig aufeinander abgestimmt. Dies entsteht in einem teils spontanen, aber dann immer wieder hinterfragendem und forschendem Prozess, einem stetigen Verhandeln, Abwägen und Prüfen. Je mehr Farben und Formen ins Spiel kommen, desto spannender und „konfliktreicher“ wird das Bild. Auf der Suche nach Harmonie und Gleichgewicht, soll trotzdem eine Spannung im Bild aufrecht gehalten werden. So resultieren viele ihrer abstrakten Bilder aus vielen Schichten von Übermalungen, die den Bildern zusätzlich Tiefe und Raum verleihen.Das Thema „Konflikt, Konkurrenz und Kooperation“ spiegelt sich im Entstehungsprozess ihrer Gemälde wider.

Achim Schroeteler (DE) - Kooperation

Nach Vorarbeiten und Recherche entstand Kooperation im Januar 2018 explizit für den Themenkreis der Zukunftsgespräche Konflikt – Konkurrenz – Kooperation. Die Begriffe Konkurrenz und Kooperation bildeten den gedanklichen Hintergrund während des zweimonatigen Malprozesses der neun Bilder des Werks Kooperation. Ausgangspunkt der Malerei waren zelluläre Strukturen, die sich als singuläre Formen zu bildfähigen Form - und Farbkompositionen zusammenschlossen. Farbschichten liegen in Lasurtechnik übereinander, verstärken sich und gewinnen an Intensität. Komplementärkontraste weisen einerseits auf die Kraft der Einzelfarbe, anderseits binden sie gegensätzliche, sich konkurrierende Kräfte in einer manchmal kreischenden Zusammenschau. Die Kooperation als Bildkomposition ist so weiträumig gedacht, dass sie durch Konkurrenz, durch das dem Konflikt inhärente Potenzial, gewinnt. Die Vision der zukünftigen Kooperation als ein Zusammenschluss von gleichberechtigten Einzelphänomenen, äußern sich in den Bildern in einer flirrenden Balance von Formgewichten und Farben. Die Intensivität der Bilder wird gesteigert durch eine Blockhängung.

Daniella Tuzzi (CH) – ohne Titel

Die fünf Skizzen setzen sich mit dem Thema Kooperation auseinander. Die Bilder sollen dabei Assoziationen auslösen und zu gemeinsamen Gespräche anregen.Mögliche Assoziationen zu den Skizzen:Gemeinsam an einem Strick ziehen / wechselseitig - Seitenwechsel / verbinden, verknüpfen, vernetzen / jede und jeder bringt sein «Ei (seine Brut)» mit / mit der Sache tanzen gehen, usw. Die fünf Skizzen wurden speziell für die Ausstellung auf je eine grundierte Textilie übertragen und dann zeichnerisch/malerisch umgesetzt. Die Textilie wurde nicht auf einen Keilrahmen aufgezogen, sie wurde lose mit Fäden an die Ausstellungswand gehängt, damit der gewobene Stoff (Kettfäden und Schussfäden) an den Rändern sichtbar bleibt, denn das Gewebe kann als Symbol oder Zeichen für den Hergang des Vernetzens gesehen werden.

Azadeh Vaziri (IRN) – Bang Bang u. Krieg

Azadeh Vaziri bedient sich für ihre Acryl-Malereien an den verführerischen Paletten greller Farben und poppiger Cartoon-Gestalten. Den süßlichen, vordergründigen Fokus stört sie aber jäh durch Attribute der Gewalt und ihrem Hauptthema, des Krieges. Vaziri versorgt Mickey Mouse mit einer Waffe und spielt mit der comichaften Ästhetik von Detonationen. Das größte Augenmerk schafft sie aber, wenn sie diesen harmlosen Darstellungen Kreaturen gegenüberstellt, die zerfurcht und deformiert sind und wenn sie die glatten Oberflächen mit jenen des Makels und des Leids konfrontiert.

Oksana Zmiyevska (UKR) - Das abgebissene Ohr des Schokobären auf der Torte, Morgen hab ich alles wieder vergessen, Zungengegangen

Zmiyevskas Bilder bedienen sich aber weder Pathos-Formeln, noch sind sie hoffnungslos. Ihre Arbeiten beinhalten vielmehr tragikomische Elemente, Humor und einige Funken Ironie sind oft sichtbar. Das Kolorit besteht meist aus Pastell, selten setzt sie kräftige Töne ein. Die Farben schneiden die Umrisse der Figuren aus dem Grund heraus und verbinden sie an anderer Stelle wieder mit ihm. Dennoch entscheidet sich Zmiyevska weder für Abstraktion noch für Figuration, sondern setzt beide nebeneinander ein. Ihre Malerei ist auch nie plakativ, die Bilder kommunizieren keine direkten Statements, sie sind vielmehr voll mit subtilen Andeutungen und Ebenen. Übermalung ist ein zentrales Element. Aus den gesetzten Pinselstrichen entstehen wieder Motive. Anderes verschwimmt in Farbschlieren und wird dadurch tief in die Malerei eingebunden. Untere Malschichten scheinen durch, deuten an, sagen aber nichts Konkretes. Etwas bleibt immer verborgen und mysteriös. Gleichzeitig spielt die Malerin mit Nähe und Distanz. Immer ungreifbar, dennoch präsent, befinden sich die Motive im Bild und scheinen augenblicklich im Moment ihres Vergehens oder Flüchtens eingefangen zu sein.


Doch was mit ihnen geschieht bleibt offen. Die Reflexion des Alltags und Umfelds wird in der Malerei auf eine andere Ebene überführt und die zumeist einzelnen Menschen stehen nicht nur als Symbole für Einzelkämpfertum und Freiheit, sondern appellieren besonders an Empathie und Gemeinsamkeit.Hier setzt auch die Kooperation mit den Betrachter*innen ein. Diese sollen die Malereien weiter denken, Symbole, versteckte Hinweise, Übermaltes, Ebenen nach ihrer Interpretation entschlüsseln und so zu Kompliz*innen der Künstlerin werden. Möglicherweise erkennen sie sich selbst in den Gemälden – als Migrant*innen, Entwurzelte, Kunstschaffende im Prekariat etc. All diese biographischen Elemente sind auf den ersten Blick nicht ersichtlich und doch subtil in die Arbeiten eingewoben. Zmiyevskas Werke sind ein Aufruf durch Betrachtung und Reflexion mit ihr über mögliche Lösungswege aus der Krise nachzudenken.

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Franz Braun nimmt Blumenstrauß von Rektorin Barbara Bittner entgegen

Preisträger Franz Braun mit Rektorin Barbara Bittner

Rektorin Barbara Bittner überreicht Andreas Weber einen Blumenstrauß

Rektorin Barbara Bittner mit Preisträger Andreas Weber

Preisträgerin Faika Ceren Çağlar mit Rektorin Barbara Bittner

Preisträgerin Faika Ceren Çağlar mit Rektorin Barbara Bittner

Zwei Personen betrachten Bild

Betrachtung des Werks von Faika Ceren Çağlar (TUR) 

Gemälde mit bunten Punkten

Werk von Miye Lee (KOR)

Grafische Darstellung des Gefangenendilemmaparadox

„Das Gefangenendilemmaparadox“ von Andreas Weber (CH) 

Perspektivische Aufnahme von Gemälden an Flurwand

Werke von Faika Ceren Çağlar (TUR)

Quadratisches Leinwandbild eines blauen Gesichts ohne Augen und Nase mit Rosa Zunge

"Zungengegangen von" Oksana Zmiyevska (UKR) 


magisch. Unbehagen im Wohlstand.
vergessen. Enteignung der Vergangenheit Gegenwart Zukunft.
handzahm. Smart Objects.

Über die Künstlerin

Karin Mairitsch ist bildende Künstlerin, Dozentin, Autorin und Herausgeberin einiger Fachbücher im Bereich Medien, Gesellschaft und Kunst. Sie hat Ausstellungen und Performances im In- und Ausland gemacht.

Geboren1968 in Klagenfurt/Österreich studierte sie Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Neben ihrer künstlerischen Betätigung war sie von 2011 - 2015 Vizedirektorin für den Bereich Bachelor & Vorkurs an der Hochschule Luzern - Design & Kunst, Vizerektorin der Fachhochschule Salzburg in der Zeit zwischen 2008 und 2011 sowie Studiengangsleiterin am Studiengang MultiMedi­aArt (Bachelor und Master), Fachhochschule Salzburg von 2003 - 2008. Sie lehrte an verschiedenen Hochschulen und war Leiterin medienspezifischer Lehrgänge und Kurse sowie Artdirektorin und Geschäftsführerin bei bekannten Mediaagenturen. Als Vorstandsmitglied der visarte zentralschweiz, bis 2016 auch der Kunsthalle Luzern, engagiert sie sich für die Anliegen Bildender Künstler*innen.

Ausstellung "entgrenzt."

Die Ausstellung "entgrenzt." besteht aus 70 Exponaten und ist in drei Zyklen konzipiert: "magisch. Unbehagen im Wohlstand", "handzahm. Smart Objects" sowie "vergessen. Enteignung der Vergangenheit Gegenwart Zukunft". Die inhaltlichen Setzungen der Zyklen haben die Themenschwerpunkte der im November startenden Zukunftsgespräche der FH Campus Wien aufgegriffen und beschäftigen sich mit Grenzen: jenen des Wohlstands, der Technologieentwicklung sowie jenen zwischen Leben und Tod.
Entgrenzt zeigt die Möglichkeit, dass Grenzen nicht klar konturierte und sich stets in Bewegung befindliche Orte oder Flächen sein könnten. Entgrenzt wirft denn auch die These auf, dass im Kontext der Themenschwerpunkte etwaige ethische, ökologische, gesellschaftliche oder individuelle Grenzziehungen längstens überschritten vielleicht sogar obsolet geworden sind. Entgrenzt möchte provozieren: nicht laut, nicht stark, sondern in Verschiebung nach innen. Im Rahmen der ersten "Zukunftsgespräche: Die Grenzen der Wohlstandsgesellschaft." am 24. November 2016 wird die Ausstellung eröffnet.

Zyklus magisch. Unbehagen im Wohlstand

Der Zyklus "magisch. Unbehagen im Wohlstand" zeigt die Gratwanderung zwischen Wohlergehen und Unbehagen der Wohlstandsgesellschaft. Er beschäftigt sich mit Kehrseiten des Wohlstands rund um Phänomene wie beispielsweise Überfluss, Konsum, Mobilität, Arbeitslosigkeit, Klimawandel, Demokratie, Flucht, Wohnraum oder Sinnsuche.

Ausgeführt sind die Arbeiten als Diptychen: zwei Fotografien stehen einander gegenüber. In der Kombination veranschaulichen sie eine Hintergründigkeit, die mehrere Ebenen in Form von Fragen, Grenzen oder Problemzonen der Wohlstandsgesellschaft anspricht. Die scheinbare Realitätsbezogenheit der Fotografie ist gebrochen, indem Teile des Bildgegenstandes zunächst durch Kratzen entfernt und anschließend mit Acrylübermalungen, Zeichnungen aus Buntstiften, Ölkreiden und/oder Filzstiften wiederum ergänzt wurden. Das Exponat entwirft durch diese Montagen und den im Vordergrund angebrachten Text ein Kernthema, von dem ausgehend die Vielschichtigkeit der Bildaussagen durch die Rezipient*innen entwickelt werden kann. Der Zyklus ist 2016 und umfasst 15 Exponate. Die digitalen Fotografien sind von Graziella Spitz eigens für diese Ausstellung konzipiert und gefertigt. Sie wurden als Fine Art Print auf 60 x 180 cm ausgedruckt.

Zyklus magisch. online

Zyklus handzahm. Smart Objects.

Der Zyklus "handzahm. smart objects" thematisiert die Heilsversprechen, die die Technologieentwicklung in Aussicht stellt: eine mühelose, zufriedenere und intelligente Welt versprechen uns technologische Neuerungen. Eine Welt, in der wir Zeit sparen, in der uns smarte Objekte zu besserer sozialer Interaktion, weniger physischem Aufwand, mehr Wissen, Sinn und Kreativität sowie zielgerichteter Verwirklichung von Werten zu verhelfen scheinen.

Diese Objekte freilich sind außerdem leicht - ja kinderleicht! - zu bedienen, einfach und selbst erklärend, sind sie. Die künstlerische Auseinandersetzung mit diesem Thema bedient sich einerseits der visuellen Sprache der Technologieentwicklung und verwendet daher icons als zentrale Bildmetaphern. Ihnen zugrunde liegt die expressive Malerei des vierjährigen Lennox, der während einem halben Jahr gemeinsam mit der Künstlerin im Atelier am Zyklus gearbeitet und die farbenfroh, aus Erwachsenensicht abstrakt anmutenden Objekte teils auch so bezeichnet hat, wie sie später als icon repräsentiert wurden. Andererseits verwendet die Künstlerin Textmaterial und zitiert Werbeslogans diverser technologieaffiner Firmen wortwörtlich oder in leicht modifizierter Form. Zusammengenommen ergibt sich eine Text-Bild-Montage, die das vordergründig notwendige und hinterlistig kommunikativ naive Schaubild technologischen Zaubers mit Humor aufgreift und gleichwohl als fast religiös behaftetes Heilsversprechen enttarnt. Die diesjährig entstandenen 30 Exponate sind in Acryl und Gouache auf Papier gefertigt.

Zyklus handzahm. online

Zyklus vergessen. Enteignung der Vergangenheit Gegenwart Zukunft.

Dieser Zyklus beschäftigt sich mit dem Phänomen des Vergessens und fragt, inwiefern Vergessen in unserer Gesellschaft mit einer Enteignung der Persönlichkeit, deren Identität maßgeblich an Erinnerungen und Antizipation gebunden ist, einhergeht. Damit wird eine mögliche Grenzerfahrung zwischen Leben und Tod befragt. Vergisst man sich selbst in seiner Existenz oder im zeitlich-örtlich-sozialen Zusammenhang (bspw. Demenz), ist eine Positionsbestimmung schwierig bis hin zur Frage, ob dieser sich vergessene Mensch näher dem Tod oder dem Leben steht. Mit den Exponaten wird eine Auseinandersetzung angeregt, was über etwaige biologische Faktoren hinaus das Leben oder den Tod definiert.
Der Zyklus besteht aus 27 Exponaten, ist fast durchgehend monochrom in Blau gehalten und auf alten Textilien dargelegt.

Zyklus vergessen. online


Die Zukunftsgespräche an der FH Campus Wien: Vordenken, durchdenken, weiterdenken

Die Mission der FH Campus Wien ist es, Zukunft mit Bildung zu gestalten. Die Veranstaltungsreihe „Zukunftsgespräche“ der FH Campus Wien greift diesen Anspruch unmittelbar auf. Namhafte Gäste aus dem In- und Ausland diskutieren mit den Expert*innen der FH über die aktuellen Herausforderungen der Menschheit und die Grenzen, an die man bei deren Lösung bisweilen stößt. Die Zukunftsgespräche suchen nach Ansätzen für die Zukunft und bieten Raum für öffentlichen Diskurs.

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