23. Februar 2018

2. Erwachsenenschutzgesetz: dringend erwartet

 

Mehr Autonomie für Menschen, die in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt sind – das ist die Grundidee des 2. Erwachsenenschutzgesetzes, welches das Modell der Sachwalterschaft ablösen soll. Die Campus Lectures des Studiengangs Soziale Arbeit widmeten sich diesem politisch brisanten Thema.

Das neue Gesetz – 2. Erwachsenenschutzgesetz – ist auf eine Empfehlung des UN-Komitees zur Überwachung der Einhaltung der UN Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen zurückzuführen. Es tritt mit Juli 2018 in Kraft – oder doch erst in zwei Jahren, wie derzeit medial kolportiert wird.

Bei den Campus Lectures brachten ExpertInnen unterschiedliche Perspektiven ein und ermöglichten so einen differenzierten Einblick in die neue Rechtsmaterie. Welche Rolle kann die Soziale Arbeit bei der Umsetzung des Gesetzes übernehmen?

Die Menschenrechtsexpertin Marianne Schulze betonte in ihrem Impulsvortrag, wie wichtig und notwendig die größtmögliche Partizipation und Selbstbestimmung jedes Menschen sei – unabhängig von etwaigen Behinderungen oder Beeinträchtigungen. Sachwalterschaftsexperte Robert Müller teilte im zweiten Impulsvortrag seine Erfahrungen aus der Praxis und zeigte auf, worin das Verbesserungspotential des neuen Gesetzes begründet liege.

Zwischen Betreuung und Bevormundung

In der anschließenden Podiumsdiskussion kamen weitere ExpertInnen aus der sozialarbeiterischen Praxis zu Wort: Margit Jelenko, Leiterin der Wohnungsloseneinrichtung Haus SAMA des Arbeiter-Samariterbundes, verdeutlichte, in welchem Spannungsfeld – nämlich zwischen förderlicher Betreuung und restriktiver Bevormundung durch Sachwalterschaft – sich derzeit KlientInnen der Wohnungslosenhilfe befinden und welche Möglichkeiten durch die gesetzlichen Veränderungen umsetzbar wären.

Alexander A. Maly, Geschäftsführer Schuldnerberatung Wien und „Obdach Wien“, ging in seinem Statement im Besonderen auf die Wirkungsweise des Betreuten Kontos ein, welches den KlientInnen größtmögliche Selbstbestimmung ermöglicht – bei gleichzeitiger Absicherung der Lebensgrundlagen.

Peter Schlaffer gewährte als Geschäftsführer von VertretungsNetz- Sachwalterschaft, Patientenanwaltschaft, Bewohnervertretung (VSP) Einblicke in den Prozess der Gesetzeswerdung und auf die tagesaktuellen Ereignisse und Entwicklungen rund um die angekündigte Verschiebung des neuen Erwachsenenschutzgesetzes.

Rasche Umsetzung erwünscht

Im Ergebnis machten die Expertinnen und Experten sichtbar, warum das neue Gesetz dringend gebraucht wird und wie wichtig auch die möglichst rasche Umsetzung der neuen Paradigmen wäre. Sollte das Gesetz, wie zuletzt medial angekündigt, tatsächlich erst in 2 Jahren in Kraft treten, sei jedenfalls mit negativen Auswirkungen, vor allem für die von Sachwalterschaft Betroffenen, zu rechnen. Diese würden zwei weitere Jahre in Ihrer Entscheidungsautonomie eingeschränkt, anstatt bestmöglich in ihrer Entscheidungsfindung unterstützt zu werden. Der Umstand, dass die Umsetzung des Vorhabens an der nicht gesicherten Finanzierung zu scheitern drohe, stieß bei den DiskussionsteilnehmerInnen auf Unverständnis.

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