18. Juni 2019

Von Primadonnen, Trickstern und Langweilern

 

Die Campus Lecture des Masterstudiums Kinder- und Familienzentrierter Sozialer Arbeit am 24. Mai 2019 widmete sich dem Einsatz von Geschichten in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Allan Guggenbühl referierte über das von ihm entwickelte Mythodrama - ein Gruppentherapieverfahren, das durch Fiktion und Fantasie Jugendliche besser erreichen kann.

© shutterstock/Rido

 

Die Idee des Mythodramas entsprang laut Guggenbühl „reiner Frustration“. Die Feststellung, dass gewalttätige Jugendliche nicht offen und freudig mit Psycholog*innen arbeiten, führte zu der Idee den Einstieg in die Beziehung mit Geschichten zu gestalten. Dabei handelt es sich um ein Gruppentherapieverfahren, das unter anderem in Georgien bei der Behandlung kriegstraumatisierter Kinder eingesetzt wird und sich auch in Japan verbreitet hat. 

Herausforderungen in Schulen steigen

Guggenbühl bezieht sich in seinen Ausführungen vor allem auf Schulen welche vor immer größeren Herausforderungen zu stehen scheinen – ein Thema welches ganz aktuell auch medial beschäftigt. Guggenbühl bietet in seinem Vortrag dazu verschiedene Zugänge an. Zum einen beschreibt er, bei aller Herausforderung, auch die Normalität von Konflikten und bittet, diese in ihren Schweregraden zu unterscheiden und dabei nicht zu dramatisieren. Zudem ist vor dem Durchführen einer Maßnahme eine Konfliktanalyse durchzuführen. Insgesamt geht Guggenbühl davon aus, dass Schulen stets „halbchaotisch“ wären und viele Prozesse gar nicht beeinflussbar sind. Wenn in solchen Systemen Jugendliche manchmal ein etwas anderes Verhalten an den Tag legen als von ihnen erwartet wird, könne man dies aber auch als einen Versuch in Beziehung zu treten, deuten.

Lösungsmöglichkeiten

Guggenbühls Antwort auf diese und andere Herausforderungen in Schulen, scheint simpel. Erwachsene sollten:

  • Weniger reden
  • Face- to- Face- Situationen meiden
  • Feedback in Form von kleinen Bemerkungen geben
  • Jugendliche in die Gestaltung des Unterrichts einbeziehen
  • Vor allem mit Geschichten arbeiten, um Kinder und Jugendliche adäquater zu erreichen

Identifikation durch Fiktion und Fantasie

Geschichten haben stets eine Bedeutung – in ihnen werden Werte, moralische Einstellungen, etc. abgehandelt, sie eröffnen neue Denkräume und liefern Verständnisbrücken. Die Jugendlichen werden über Fiktion und Fantasie erreicht und es beginnt eine Identifikation mit dem gewählten Thema (zum Beispiel Gerechtigkeit, Mobbing, Ängste, …). Nach der Vorstellung der Protagonist*innen und dem eigentlichen Erzählakt, beginnt die Imaginationsphase – jene Phase in der Jugendliche die Geschichte selbständig fortsetzen. Dabei kommt es zur Bewusstwerdung des eigenen Verhaltens und einer Verhaltensveränderung welche stets im Kopf, in den eigenen Gedanken, zu beginnen hat. So bekommen Anliegen und Probleme eine Sprache und das kind- bzw. jugendgerechte Setting unterstützt die Offenheit.

Resümee

Geschichten sind also stets ein Medium des Kontakts und das Mentale ist eine Kraft die uns motiviert Schlechtes oder auch Gutes zu tun.

Informationen zum Vortragenden

Allan Guggenbühl ist ein Schweizer Psychologe, Psychotherapeut und Experte für Jugendgewalt. Seit 1984 ist er Leiter der Abteilung für Gruppenpsychotherapie für Kinder und Jugendliche an der kantonalen Erziehungsberatung der Stadt Bern und Direktor des Instituts für Konfliktmanagement in Zürich. Daneben ist er seit 1996 als analytischer Psychotherapeut mit eigener Praxis in Zürich und seit 2002 als Professor an der Pädagogischen Hochschule Zürich tätig.
Allan Guggenbühl ist Referent, Ausbildner und Autor zahlreicher Fachbücher und Artikel zu den Themen Konfliktmanagement, Gewaltprävention, Bildung sowie Jungen- und Männerarbeit.

Das könnte Sie auch interessieren

Zu wenig Liebe ist Diebstahl – zu viel Liebe ist Mord

Wenn das Wünschen nicht mehr hilft …

Biografische Weichenstellungen im Leben von Pflegekindern

Soziales
Lebensqualität