Forschungszentrum Verwaltungswissenschaften

Das Forschungszentrum Verwaltungswissenschaften verbindet problemorientierte sozialwissenschaftliche Forschung, Praxis im öffentlichen Sektor (Beratung) und Lehre (Didaktik und Weiterbildung), um den Wissenstransfer zwischen den Bereichen Forschung, Lehre und Praxis aktiv gestalten und unterstützen zu können. 

Ziele des Zentrums liegen in der Forschung im Bereich des öffentlichen Sektors und in der Unterstützung der öffentlichen Verwaltung und öffentlichen Wirtschaft bei der Entwicklung von Kompetenzen, um die gesellschaftlichen Herausforderungen der Zukunft aktiv bewältigen und einen fairen, inklusiven, responsiven und gemeinwohlorientierten Staat gestalten zu können. Mitwirkung an dieser Transformation der österreichischen Verwaltung bedeutet – über die Lehre hinaus – Forschung mit praktischer Relevanz und Übersetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis sowie engen Austausch mit Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung, die als Public Manager*innen große Verantwortung für die Gestaltung der Gesellschaft tragen.

Tätigkeitsfelder

  • Problemorientierte Forschung und Entwicklung

  • Didaktik und Weiterbildung – Überprüfung von didaktischen Ansätzen

  • Wissenschaftliche Beratung und Begleitung

  • Wissenstransfer "Forschung – Lehre – Praxis"

  • Auftragsforschung, Projektentwicklung und Expertise

  • Professionelles Feedback für die Verwaltung

  • Internationaler wissenschaftlicher Austausch und Transfer

    Forschungsschwerpunkte

    Organisation, Wissen und Technologie(n): Wandel der Arbeitspraxis

    Wissen nimmt in einer Organisation unterschiedliche Formen an. In seiner „festen“ Form, als eine Art Ressource für spätere Handlung, wird Wissen in Körpern und Artefakten (Dokumenten, Werkzeugen/Technologien, Räumlichkeiten) festgehalten, während es in seiner „fließenden“ Form in unterschiedlichsten Praxen der Organisation zum Ausdruck kommt. Quer zu diesem ersten Spannungsfeld befindet sich ein zweites, das zwischen Ausschlusslogik (Wissen zirkuliert nur zwischen bestimmten Organisationsmitgliedern) und Ausbreitungslogik (Wissen entfaltet seine Wirkung durch kollektive Ausbreitung und Sozialisation) liegt. Zugleich ist nicht jedes Wissen erwünscht, da es, möglicherweise unerwünschte oder veraltete, Praxen und Umgangsformen stabilisiert. Veränderungen der materiellen technologischen „Infrastruktur“ einer Organisation verursachen Verschiebungen und Verunsicherungen in beiden Spannungsfeldern. 

    Zugleich bringen technische Innovationen wie etwa Web 2.0 oder Telework-Ansätze neue Herausforderungen in Bereichen der Führung und Subjektivierung hervor. Wissens- und Technologiemanagement gewinnt gerade in Zeiten der Budgetknappheit, Überalterung der Gesellschaft und Personalknappheit in der Bundesverwaltung an Wichtigkeit, um einerseits das richtige Wissen (und die richtigen Kompetenzen) zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Bewältigung bestehender und neuer Herausforderungen zu besitzen, aber andererseits auch langfristig das organisationale Gedächtnis, Innovationsfähigkeit und Arbeitgeberattraktivität zu sichern. 

    Da diese Themen im Bereich Public Management sowohl in der Praxis als auch in der Organisations- und Verwaltungsforschung zunehmend an Bedeutung gewinnen, bildet der Themenkomplex "Organisationales Wissen und (neue) Technologien der Arbeit" einen Schwerpunkt des Kompetenzzentrums. Die Wissenschafter*innen des Kompetenzzentrums nähern sich den damit verbundenen Fragestellungen im Kontext der öffentlichen Verwaltung aus soziologischer und politikwissenschaftlicher Sicht. Dabei werden insbesondere praxistheoretische und ethnographische Forschungsansätze verfolgt. Durch die wissenschaftliche "Brille" der sozialen Praxis rücken geregelte, häufig routinierte Interaktionen von Menschen und materiellen Objekten (wie Räumen, Technologien oder Dokumenten) ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Von besonderem Interesse ist dabei die Rolle des Wissens in Organisationen, etwa des eingeschriebenen und verkörperten Wissens oder verteilter Wissensbestände. Neben den Praktiken des Wissensmanagements sind beispielsweise auch organisationale Narrative und Mythen des Wissens (deren Konstruktion und Wirkungsentfaltung in der Praxis) Gegenstand der Forschung. Der Zugang der sozialen Praxis versteht wichtige Kategorien der Sozialforschung, wie z.B. Sinn, Identität, Rolle, Affekt, Organisation, Wissen, Macht, Staat, als vorerst durch Praxis produziert und bietet so einen besonderen Blick auf Verwaltungsorganisationen und -abläufe. Träger*innen der untersuchten sozialen Praktiken sind dabei nicht nur Menschen, sondern auch Artefakte, d.h. materielle Objekte, die konkrete Praktiken und deren Ausführung stabilisieren und Wissensbestände tragen. Insofern wird auch der Technik und neuen Arbeitsformen (einschließlich neuer Konfliktfelder), wie etwa Digitalisierung und Heimarbeit, sowie damit zusammenhängenden Fragen der Organisationskultur und -struktur ein wichtiger Stellenwert zugeschrieben.

    Folgende Forschungsinteressen werden u.a. in diesem Schwerpunkt bearbeitet:

    • Welches Wissen ist in unterschiedliche Praktiken der Verwaltung involviert?
    • Wie verschiebt sich die Verteilung von Wissen zwischen Menschen und Artefakten als Ergebnis des Wandels von Materialität (z.B. von Papier-Dokumenten zu Dokument- und Workflow-Management-Systemen oder Web 2.0, Digitalisierung, Telework-Tools)? Wie wirken sich dieser Wandel und damit verbundene Prozesse der Subjektivierung auf Mitarbeiter*innen aus (Rolle, Identität, Sinn)?
    • Wie entwickeln und entfalten unterschiedliche organisationale Narrative, Vorstellungen und Mythen des Wissens innerhalb der Verwaltung ihre Kraft? Welche Rolle spielen diese Vorstellungen beim Organisieren?
    • Wie verändern sich bestimmte Aspekte der Organisationskultur und -struktur (wie etwa Hierarchie, Informalität oder Führung) durch die Einführung von Ansätzen der Lernenden Organisation (z.B. Communities of Practice), Wissenserhaltungsmaßnahmen (z.B. Leaving-Expert-Interviews) oder durch Telework-Ansätze?
    • Welche potenziellen Konfliktfelder entstehen in einer Organisation und ihrem Umfeld durch technologische Veränderungen und durch welche Akteur*innen werden diese getragen? Welche gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen sind notwendig, um der Diversität der Interessen gerecht zu werden und Konflikte zu vermeiden?
    • Wie können unterschiedliche Auswirkungen der Maßnahmen des Wissensmanagements oder dislozierten Arbeitens gemessen und evaluiert werden?

    Inklusion – Exklusion: Demokratiepolitische Herausforderungen für Gesellschaft und Verwaltung

    Moderne Gesellschaften sind durch zunehmende Vielfalt und eine Pluralität sozialer und politischer Standpunkte und Anliegen gekennzeichnet. Analytisch lässt sich diese Diversität u.a. entlang der Achsen Ethnizität (Migration, Minderheiten, Sprachenvielfalt etc.), Gender und soziale Schichten aufschlüsseln. Der wachsenden gesellschaftlichen Vielfalt stehen allerdings auch Exklusions- und Segregationsprozesse gegenüber, die sich u.a. in sozialer und räumlicher Hinsicht äußern und ihren politischen Ausdruck in Abschottungsbestrebungen und Radikalisierungstendenzen finden können. Die zunehmende Ausdifferenzierung der Gesellschaft birgt damit sowohl großes gesellschaftliches Potential wie auch neue Herausforderungen.

    Die Förderung von Vielfalt einerseits und sozialem Zusammenhalt andererseits ist ein wichtiger Grundpfeiler eines gemeinwohlorientierten Verständnisses von Public Management, wie es im Studiengang Public Management vermittelt wird. Public Manager*innen arbeiten in einem Spannungsfeld von gesellschafts- und organisationspolitischen Herausforderungen: Sie sind einerseits als "Manager*innen von Politik" gesellschaftsgestaltend tätig, andererseits als Angehörige von staatlichen/staatsnahen Organisationen selbst mit den Effekten sozialer Veränderungen konfrontiert. Als "Manager*innen von Politik und Öffentlichkeit" müssen sie z.B. Exklusions-, Desintegrations- und Radikalisierungstendenzen in der Gesellschaft entgegensteuern (z.B. durch Deradikalisierungsprogramme). Als Organisationsangehörige sind sie häufig im eigenen Arbeitsumfeld mit Inklusionsprogrammen (z.B. Vorgaben des Nationalen Integrationsplans für Integration; Diversityförderung) befasst.

    Die Forschung im Schwerpunkt 'Inklusion – Exklusion' des Kompetenzzentrums für Verwaltungswissenschaften nähert sich den damit verbundenen Fragestellungen aus unterschiedlichen, interdisziplinären Perspektiven. Der Fokus liegt dabei:

    • auf der Erforschung (der Ursachen) von Exklusions- und Abschottungstendenzen bzw. entsprechenden Bewegungen wie auch von sozialen und politischen Bewegungen, die sich für Teilhabe und gesellschaftliches Miteinander einsetzen;
    • auf dem Umgang der Verwaltung mit diesen gesellschafts- und demokratiepolitischen Herausforderungen,
    • auf der Analyse und Weiterentwicklung von Instrumenten der Inklusion (etwa im Bereich Diversity Management und Gender Mainstreaming) unter Einbeziehung ihrer jeweiligen Organisationskontexte (z.B. in Organisationen der öffentlichen Verwaltung).

    Folgende breite Forschungsfragen leiten die Arbeit im Schwerpunkt an:

    • Wie äußern sich Prozesse der Abschottung und Forderungen nach Ausschluss bestimmter Gruppen in Diskursen und sozialen Praktiken (u.a. in rechtsextremen/-populistischen, rassistischen oder islamistischen Bewegungen)? Welche gesellschaftlichen Bedingungen befördern diese Tendenzen und tragen zu ihrer Verbreitung bzw. zur Radikalisierung bei?
    • Unter welchen Bedingungen und in welcher Form werden Exklusion, Abschottung und Radikalisierung zu Problemen für die Verwaltung? Welche Policies und Maßnahmen (etwa: Monitoring-Instrumente, Präventionsprogramme oder rechtliche Maßnahmen) wurden in diesem Kontext entwickelt und mit welchen Resultaten umgesetzt? Und welche Praktiken der Inklusion im Sinne einer Bejahung von Vielfalt, dem Aufbau eines gesellschaftlichen Miteinanders und der Ermöglichung von sozialer und politischer Teilhabe werden ihnen entgegengesetzt?
    • Welche institutionellen Maßnahmen zur Inklusion und Förderung benachteiligter Gruppen werden in bestimmten organisationalen Kontexten (Behörden, Unternehmen…) entwickelt und (wie?) umgesetzt? Mit welchen Ergebnissen? Wo liegen Probleme bzw. inwiefern besteht Verbesserungspotential? Auf welchen institutionellen Ebenen (kommunal, regional, staatlich, supranational) und in welchen organisationalen Strukturen ergeben sich welche Spielräume bzw. Hindernisse für Inklusionsmaßnahmen?

    Kompetenzen, Aus- und Weiterbildung

    In unserer stets komplexer werdenden Gesellschaft und bei wachsenden Ansprüchen an den Umfang und die Qualität der Staatsleistungen sowie durch die in der Verwaltung enormen Auswirkungen der demografischen Entwicklung (z.B. werden bis 2028 rund 48% der Mitarbeiter*innen in den Ruhestand wechseln) steigt der Bedarf nach mit neuen – und klar definierten – Kompetenzen ausgestatteten Verwaltungsmitarbeiter*innen. Unter „Kompetenz“ wird dabei ein Bündel von Fertigkeiten, Wissen, Verhaltensmustern und Fähigkeiten, wie auch individuellen Erfahrungen und Einstellungen verstanden. Neue Praxen können nur durch die Einführung und aktive Nutzung neuer Kompetenzen oder durch reflektierte Anpassung von älteren, auch in neuen Kontexten brauchbaren, Kompetenzen entstehen.

    Die Orientierung der Aus- und Weiterbildung sowie Personalpolitik der öffentlichen Verwaltung an sinnvollen und sorgfältig ausgewählten Kompetenzen hat vielschichtige Wirkungen. Sie bringt einen Fokus auf Leistung und Zweckorientierung mit sich, erhöht Transparenz bei der Rekrutierung von Personal und individueller Laufbahnplanung, wirkt sich positiv auf die Potenziale für Wissensmanagement, lernende Organisation und evidenzbasierte Entscheidungsfindung aus, und wirkt auch der parteipolitischen Vereinnahmung von Verwaltung entgegen. Voraussetzung dafür ist, dass die öffentliche Verwaltung weiß, welche Kompetenzen und welches Wissen gegenwärtig und zukünftig gebraucht werden. Anforderungs- oder Kompetenzprofile bilden dann die Grundlage für eine strategisch ausgerichtete Personalentwicklung.

    Durch die steigende Komplexität der Verwaltungsaufgaben wird auch die Definition der "richtigen" Kompetenzen komplexer und umstrittener. Um diesen Herausforderungen Rechnung tragen zu können, wäre es wichtig, das Bewusstsein der Risiken der technischen Rationalität und der Entpolitisierung der Verwaltungstätigkeit (d.h. Behandlung von gesellschaftlich kontroversen Themen als bloß "technische" oder Managementprobleme) zu stärken. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mit steigender Ambiguität und Komplexität der Fachmaterie und des Wissens über diese umzugehen: sowohl mit komplexen, verzwickten Problemen (sog. "wicked problems") und Perspektiven- und Interessensvielfalt, wie auch mit unvorhersehbaren Entwicklungen und Systemdynamiken. Aus diesem Grund sind für die Verwaltungsmitarbeiter*innen die sogenannten Metakompetenzen zentral; zu diesen zählen Querschnittsbereiche wie Demokratisierung und politische Bildung, Gemeinwohlorientierung und Ethik ebenso wie wissenschaftliche Kompetenzen, Systemdenken, sowie die Kompetenz zur selbstständigen Weiterbildung. Diese ermöglichen Individuen, ihre persönliche und fachliche Kompetenz und ihr Handeln gesamtheitlich zu reflektieren und sich selbstständig neue Inhalte und neues Wissen zu erschließen und zu erweitern.

    Der Forschungsschwerpunkt "Kompetenzen, Aus- und Weiterbildung" beinhaltet:

    • grundlagenorientierte Forschung, z.B. den Umgang mit Regeln in der Arbeitspraxis, Übertragbarkeit von einzelnen Kompetenzen zwischen unterschiedlichen Kontexten,
    • problemorientierte, angewandte Forschung, z.B. Kompetenzmessung und -planung, Kompetenzrahmen und Definition/Interpretation von Kompetenz etc.
    • Didaktische Forschung, z.B. Gestaltung und Evaluation von gezielten Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen/Curricula, didaktischen Tools und Kompetenzen für die Lehrenden.

    Die Zielgruppen für Kompetenzaufbau sind dabei insbesondere aktuelle Mitarbeiter*innen der Verwaltung unterschiedlichster Verwendungen und ausgegliederter Organisationen (inkl. öffentlichen Unternehmen), wie auch zukünftige Mitarbeiter*innen im Rahmen einer berufsvorbereitenden Erstausbildung für die öffentliche Verwaltung bzw. den öffentlichen Sektor, aber auch andere, im Kontext der Public Governance relevanten, Zielgruppen.

    • Wie wird die Entfaltung und praktische Umsetzung von individuellen Kompetenzen durch unterschiedliche Merkmale des organisationalen Kontextes mitbestimmt?
    • Wie hängen individuelle Kompetenzen mit individueller und organisationaler Leistung zusammen?
    • Welche Kompetenzen üben auf die Organisation eine transformative Wirkung aus? In welchen Kontexten passiert das?
    • Mit welchen Tools können individuelle Kompetenzen für die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung gemessen und bewertet werden?
    • Wie kann die Vermittlung von Metakompetenzen individuellen Lernstilen und Lebensphasen angepasst werden?
    • Wie werden in Organisationen Aufgaben/Tätigkeiten, Arbeitsplatz-/Stellenbeschreibungen, dafür erforderlichen Kompetenzen und Personalentwicklungsmaßnahmen verbunden?

    Weitere Forschungsschwerpunkte in Ausbau

    • Leadership – Followership

    • Public Value, Gemeinwohl

      Ziele für nachhaltige Entwicklung der UNO

      Gesundheit und Wohlergehen

      Hochwertige Bildung

      Weniger Ungleichheiten

      Nachhaltige Städte und Gemeinden

      Frieden Gerechtigkeit und starke Institutionen


      Forschungsteam

      Ansprechperson

      Koordination



      Forschende


      Publikationen

      Die Publikationen dieses Kompetenzzentrums finden Sie in unserer Publikationsdatenbank.

      Herr in blauem Anzug mit blauer Krawatte

      Verwaltung erforschen

      Das 21. Jahrhundert hält einige Umwälzungen für die öffentliche Verwaltung bereit. Hatten Stempelmarken und Formulare dort jahrzehntelang ihren natürlichen Lebensraum, sind heute Good Governance, Big Data, Gemeinwohlorientierung und Wissensmanagement im öffentlichen Sektor heimisch. Innovation und Forschung fallen auf fruchtbaren Boden – und kommen auch aus den Studiengängen Public Management und dem neuen Forschungszentrum Verwaltungswissenschaften, wie Studiengangsleiter Günter Horniak erläutert.

      Zum Interview

      Studiengänge

      Bachelor

      Public Management

      berufsbegleitend

      Master

      Public Management

      berufsbegleitend